Ein Serienkiller entführt junge Frauen und spielt in Online-Pokerrunden mit der Polizei um ihre Leben. Da die erste Entführte und Ermordete eine britische Touristin war, bekommen die italienischen Ermittelnden einen Cop der englischen Botschaft zur Seite gestellt. Gemeinsam mit der Kommissarin Anna versucht er, die Identität des Täters zu ermitteln.
„The Card Player" ist ein trauriges Beispiel dafür, wie sehr Horror- und Giallo-Kult-Regisseur Dario Argento in den 2000ern scheinbar sein Handwerk verlernt hatte. Wo er in früheren Jahrzehnten mit krassen Schock- und Ekeleffekten für furiose Reißer sorgte, bleibt hier nur noch gähnende Langeweile in stupider Inszenierung.
So geraten die Darstellenden durch die Bank weg zu chargierenden, talentfreien Mimen, die ihre hölzernen, allzu oft auch haarsträubend dämlichen und realitätsfernen Dialoge ohne große Emotionen herunterrattern und immer wieder durch unfreiwillig komische Handlungen oder Sprüche zum Kichern anregen. Die Figuren selbst bleiben klischeehaft und mit billigen Hintergrundgeschichten versehen - der trinkende Cop, der wegen eines erschossenen Teenie-Räubers strafversetzt wurde, die Kommissarin mit tragischer Vater-Vergangenheit - und ihre Interaktionen entwickeln sich absolut vorhersehbar: Wer hätte gedacht, dass Kommissarin Anna und der mürrisch-schweigsame Briten-Cop im Bett landen könnten?
Hinzu kommt eine schon in den Grundzügen schwer glaubhafte Story, die in einzelnen Details der Umsetzung immer wieder geradezu absurd idiotisch wird. Dass Online-Poker-Spiele nach Algorithmen funktionieren und nur bedingt etwas mit dem Glück bei echtem Poker zu tun haben, könnte man ja noch wohlwollend ausblenden oder sogar als perfide Strategie des Killers betrachten. Aber wie der Online-Pokerraum inszeniert wird, mit einem billig animierten Kartendeck, bei dem die einzelnen Karten mit einer enervierenden Langsamkeit aufgedeckt werden, grenzt wirklich hart ans Lächerliche. Und dass diese Online-Spiele mit eingeblendeten gefesselten und geknebelten Opfern als Hochspannungs-Sequenzen inszeniert werden, wirkt so absurd, dass man trotz treibender Spannungsmusik und zwischen ernst dreinblickenden Polizisten rasant wechselndem Schnittrhythmus nicht eine Sekunde mitfiebern kann.
Überhaupt glänzen sowohl Story als auch Inszenierung immer wieder mit bis zur Lächerlichkeit überzogenen Idiotien: Dass die Polizei zwei Pokerrunden aufs Geratewohl mitspielt, bevor sie auf die Idee kommt, sich einen echten Pokerspieler zu besorgen (und dann keinen Profi, sondern irgendeinen Schüler mit Online-Spiel-Suchtproblem), ist schon besorgniserregend dämlich. Dass die Ermittler den Großteil des Films über nicht nur im Dunkeln tappen, sondern sich gar nicht wirklich auf Ermittlungen konzentrieren (sieht man von psychologisch höchst radebrechenden Ideen ab, anhand von Ermittlungsakten „risikobereite" Verdächtige zu suchen) und sich am Ende alles mehr oder weniger zufällig ergibt, trägt ebenfalls dazu bei, die Handlung lustlos vor sich hinplätschern zu lassen. Von den billigen Innenraumkulissen, fehlenden Gewalt- und schlecht inszenierten Kampfszenen mal ganz zu schweigen.
Nur in zwei Punkten schimmert noch ein Hauch von Argentos früherem Können durch: Die Außendrehorte überraschen immer wieder mit visuellen Höhepunkten - Fahrten durch pittoreske Altstadtgebiete Roms, idyllische Seitengassen und faszinierende Ecken der ewigen Stadt können erstaunlich eindrückliche Bilder erzeugen und erinnern an die besten Zeiten und Filme Argentos, die auch immer wieder mit beeindruckenden Locations aufgewartet hatten. So findet er auch mitunter originelle Bilder, wie etwa das Finale, das bei aller inhaltlichen Absurdität mit zwei auf Gleisen liegenden Menschen doch etwas durchaus Ungewöhnliches bietet. Und der Soundtrack gefällt immer wieder mit treibender elektronischer Musik.
So bleibt „The Card Player" eines der deutlich mieseren Werke des berühmt-berüchtigten Regisseurs, kann mit billiger Inszenierung, schlechten Darstellern, massenweise Klischees und Unglaubwürdigkeiten die meiste Zeit über nur langweilen (und mit einer abstoßend voyeuristischen Autopsieszene, die immerhin gut getrickst ist, an einer nackten Frauenleiche sehr irritieren), zeigt aber immerhin noch in Ansätzen, wofür Argento von seinen Fans so verehrt wird. Für Neueinsteiger gibt es aber definitiv bessere Werke von ihm.