Nichts würde ich wärmer emfangen, als endlich mal wieder ein neues Werk von Dario Argento, von dem man freimütig behaupten kann, daß der Altmeister zu der Stärke der Vergangenheit zurückgefunden hat. „The Card Player“ ist allerdings eher sein schwächstes Werk, soweit ich zurückblicken kann, wobei übersteigerte Erwartungen aber nicht schmälern sollen, daß es sich um einen akzeptablen Film handelt.
„Card Player“ kann man als die biederste Form des Internet-Giallos, gänzlich bar jeder übernatürlichen Elemente, bezeichnen; ein Serienkillerfilm mit Online-Touch, aber ohne magische Momente.
Wieder einmal bemüht Argento den Killer mit den schwarzen Handschuhen, der hier junge Frauen entführt und dann die Polizei zu Pokerspielen über das Web auffordert. Als Gegenspieler fungieren eine italienische Polizistin und ein britischer Austauschbeamter.
Signifikant für die ganze Produktion ist irgendwie eine leichte Lustlosigkeit des Regisseurs, der auch das Drehbuch schrieb und nicht einen zündenden Funken unterbrachte. Die Elemente sind bekannt. Viele weibliche Opfer, die Polizei in der Defensive, eine Attacke auf die ermittelnde Beamtin, verschiedene hilfreiche Nebenfiguren, die ins Gras beißen, ein akustischer Fingerzeig auf einer Tonaufnahme, dem entscheidende Bedeutung zukommt.
Nichts davon wirkt frisch.
Lauwarm synchronisiert wirkt Stefania Rocca wie eine blasse gealterte Version der ungleich intensiveren Argento-Tochter Asia. Liam Cunningham ist das nicht-italienische Extra und kann mit der eigentlich überflüssigen Rolle gar nichts anfangen. Zahlreiche Nebenfiguren machen sich kurzzeitig, was schon mal ein Hinweis darauf ist, daß sie es nicht sein können.
Und das Motiv entpuppt sich als ein simpler Fall von verschmähter Liebe, die Motivation für die ganzen Exzesse bleibt gänzlich im Dunkeln.
Noch dazu ist das Pokerspiel nicht dazu angetan, wirklich Spannung aufkommen zu lassen, zu behäbig schreitet es voran, mehr ein MacGuffin als ein Clou, der im Showdown so nachlässig integriert wird, daß man die Spielergebnisse auf einem normalen Fernseher kaum ausmachen kann.
Auch auf technischem Gebiet herrscht Funkstille. Die atemberaubenden Sets sind nirgendwo zu entdecken, mußten gewöhnlichem TV-Film-Niveau britischer Bauart weichen, die Musik ist nervig und Kamerafahrten, das Markenzeichen Argentos gibt es nur ganz selten und rudimentär, etwa bei der Autofahrt rund um den Gianocolo.
In Sachen Gore hält man sich auch eher zurück, die Internet-Morde sind nicht im Detail gezeigt und auch sonst hält man sich mit Blut zurück. Lediglich eine tödliche Türfalle läßt kurzzeitig Spaß aufkommen.
Aber auch hier nimmt man es mit der Logik wieder nicht so genau, wenn der ermittelnde Polizist a) auf Teufel komm raus auf eigene Faust und allein handelt und dann auch noch b) beim Eindringen in das Gebäude simpelste Polizeiregeln außer acht läßt. Daß es Täter speziell auf die Polizei abgesehen hat, ist dem Zuschauer auch schneller auffällig als den Beamten und warum die Opfer im Internet alle kreischen müssen wie blöde, während die Spiele laufen, wird mir wohl auch keiner erklären können.
Insgesamt solides, aber total unspektakuläres TV-Material, wie man es bei jedem Inspektor-Lynley-Mystery auch geliefert bekommt, eine bodenlose Enttäuschung für alle Fans, aber noch brauchbares Material für alle, dem der Billigschrott zu den Ohren raushängt, denn handwerklich gibt’s nichts groß zu deuteln. (5/10)