Asien motzt mächtig auf in Sachen CGI und präsentiert neue Projekte bereits in einer Qualität, die der Hollywoods in nichts nachsteht. Darüber kann man geteilter Meinung sein, denn der Tiefgang und die Qualität der Story müssen oft den polierten Actionszenen weichen. Mit "Natural City" wagt sich Südkorea erneut an einen modernen, aufgeblasenen Sci-Fi-Film und hinterläßt beim Publikum zwiespältige Gefühle.
Im Jahr 2080 leben die Menschen zusammen mit Cyborgs, die den natürlichen Vorbildern absolut ähnlich sehen. Doch die hilfreichen Roboter haben ein Manko: Ist erst einmal das Haltbarkeitsdatum ihres Gehirnchips abgelaufen, drehen sie durch und leiden unter Fehlfunktionen. Deshalb werden sie rechtzeitig entsorgt, was von der Polizeieinheit MLPC sichergestellt wird. Denn wird der Cyborg nicht wie geplant zum richtigen Termin abgeliefert, rücken sie aus, um diesen mit Waffengewalt hinzurichten. Der MP-Soldat "R" (Yu Ji-Tae) verliebt sich jedoch in ein Cyborgmädchen (Seo Rin), dessen Tage bereits gezählt sind, und schreckt deshalb nicht vor Hirnchip-Schwarzmarkthandel und Korruption zurück, um ihre Haltbarkeit zu verlängern und so ein gemeinsames Leben mit ihr zu führen. "R" gerät in einen Sumpf der Gewalt und muss um sein eigenes Leben bangen - nicht zuletzt weil auch fehlprogrammierte Kampfcyborgs drohen, die Menschheit auszulöschen.
Das Storykonstrukt um "Natural City" ist zwar nicht mehr das allerneuste, dennoch interessant und zumindest in Ansätzen recht frisch gestaltet. Der Film verbindet typische "Matrix"-Haudrauf-CGI mit einer netten Portion "Blade Runner"-Sci-Fi und einer teilweise durchaus emotionalen Romanze. Leider versuchte man, so viele Genres gleichzeitig unter einen Hut zu bringen, dass zwangsläufig Löcher und Unplausiblitäten im Plot entstehen mußten. Manchmal weiß der Streifen nämlich nicht, wie er all seine verschiedenen Storybröckchen plausibel in sein kurzes Zeitformat pressen soll, was auf den Zuschauer teilweise überhastet und lückenhaft wirkt. Schwammiger Nebeneffekt dabei ist ein Verlust der Durchsichtigkeit, und so verpufft eine brauchbare Geschichte an einigen Stellen schnell zum unklugen Konstrukt, welches sich vereinzelt und vorallem vor dem Schluß recht gerne mal überrennt.
Leider kämpft auch "Natural City" mit den üblichen Action- und Sci-Fi-Klischees, was vorallem im Kampf zwischen Gut und Böse zu bemerken ist. Das Schema ist immer wieder das selbe: die bösen Cyborgbuben sind in der Überzahl und scheinbar unbesiegbar, die MP-Truppen fallen wie die Fliegen, erst der einzelne Superheld schafft sie alle ohne auch nur einmal mit der Wimper zu zucken. Das macht den für seinen Zusammenhang eigentlich recht realistischen Kern des Films leider doch ein wenig unglaubwürdig und hölzern.
Programmierte Action steht auf dem Plan, die recht schön von den Studios aus Hollywood abgekupfert wurde. Ganz im Stile von "Matrix" und Co. fliegen die Akteure in Zeitlupe durch die Luft und vollbringen unmenschliche Stunts, wobei sie immer von der bekannt überstilisierten Soundkulisse begleitet werden. Selbst wenn man nicht auf solch derartige CGI-Trickschen aus dem Baukasten steht, muss man dem Film allerdings zugute halten, dass diese recht vorbildhaft und vorallem äußerst hart inszeniert sind. Zwar sind die derben Actionsequenzen eher rar anzutreffen, dennoch geizt man nicht mit reichlich Blei und Blut, vorallem nicht gegen Ende. Dieses wirkt von der Logik her zwar etwas hanebüchen und leicht popcornhaft aufgezogen, präsentiert aber Action vom Feinsten. Der Film schließt mit einem philosophisch-emotionalen Element ab, welches durchaus als gelungen betrachtet werden kann und dem Streifen etwas Tiefe spendiert. Die zwischenmenschlichen Szenen, auf die der Zuschauer trifft, sind zwar teilweise ein bißchen oberflächlich, reihen sich aber schön ins Geschehen ein und sind willkommene Abwechslung mit ihrem eigenständigen Flair.
Auch das steckenweise düstere Ambiente und die großartige Atmosphäre, die an "Blade Runner" erinnern, sind schön gelungen und dürften den Sci-Fi-Fan erfreuen. Mit Liebe zum Detail sind großartige Kulissen im Studio entstanden, die prima mit nachträglich am Computer bearbeiteten Aufnahmen aus dem Großraum Seoul kombiniert wurden. Die professionelle Verwendung von Farbfiltern, CGI- und Spezialeffekten unterstreicht das positive Bild, und so kann gesagt werden, dass die Optik des Streifens einfach genial ist, auch wenn nicht immer die Klasse des Scott-Vorgängers erreicht wird. Technisch gibt es also absolut nichts zu meckern, denn die Regie ist ordentlich, die Einstellungen beeindruckend und die Effekte (wie schon angemerkt) überaus gelungen. Vorallem wer Fan von aalglatter Hirnlosaction ohne allzuviel Plausiblität ist, dürfte entzückt sein - alle anderen sollten sich allerdings auf eine eventuelle Enttäuschung gefasst machen. Positiv fällt dann noch der recht ansprechende Soundtrack auf: während der Actionparts recht hart und bei den emotionalen Etappen ruhig und klavierbetont, schafft er immer eine passende Atmosphäre.
Dennoch trüben eine gewisse Oberflächlichkeit und einige unsinnige Details in der Story (und deren Umsetzung) den gutgemeinten Film etwas. Es ist lächerlich, wenn am Ende wieder der obligatorische Selbstzerstörungsmodus zum Einsatz kommt oder wenn Klischeefiguren auf ihren Supercomputern freierfundene DNA-Ketten analysieren. Irgendwie wirkt das alles nur noch kindisch und man möchte am liebsten sofort abschalten...die amerikanische Blockbuster-Unsinnigkeit läßt grüßen!
Die Schauspieler sind sicherlich nicht von oberster Güteklasse, aber die meisten davon recht befriedigend. Allein "Into The Mirror" und "Oldboy"-Darsteller Yu Ji-Tae liefert wie immer eine makellose Show ab. Für fast alle anderen Darsteller dürfte es jedoch schwierig gewesen sein, ihre banalen Klischeerollen zu verkörpern, von denen höchstens zwei ein Eigenleben aufweisen und somit nicht als Holzpuppen durchgehen. Einige der Figuren, wie die lustige Dame am Zentralrechner oder der verrückte Professor, sind überaus albern und nerven einfach nur.
Ästhetik aus Südkorea meets Klischee und Kitsch aus Hollywood - nur zu schade, dass der westliche Part die Übermacht ergreift und die Qualität des Streifens teilweise ordentlich drückt. Zu sehr orientiert man sich am Popcornkino für die junge Zielgruppe und inszeniert einen guten Ansatz streckenweise zu fahrlässig. Darüber will eine ordentliche CGI hinwegtrösten, doch einige Klischees verhindern die Entfaltung vieler gutgemeinter emotionaler oder tiefgängiger Ansätze. Nüchtern und sachlich betrachtet versinkt die positive Grundstruktur leider öfters in einer faden Oberflächlichkeit, was "Natural City" für die meisten Zuseher wohl zu einem etwas weit hergeholten Sci-Fi-Streifen macht, der allerhöchstens Genre-Durchschnitt darstellt. So treffen wir auf einen optisch brillianten Film der neuen Generation, der einige Mankos und einen schwach realisierten Plot aufweist, und somit wohl primär nur die wahren Genre-Freunde anspricht. Einige Abschnitte des Werkes wirken dann allerdings doch wieder äußerst gelungen und können somit dem Werk deutliche Sympathiepunkte einfahren. Wer also auf konstruierte Sci-Fi-Action mit ein klein bißchen Tiefgang und Minimalästhetik steht, darf gerne mal reinschauen. Denn Fans werden sicherlich nicht enttäuscht sein, und Jünger moderner Sci-Fi-Filme finden in "Natural City" eine neue Liebe.
Ich selber muss zugeben, dass ich nach dem ersten Mal etwas enttäuscht war, doch je öfter ich "Natural City" sehe, desto mehr gefällt er mir. Trotz deutlichen Aussetzern und etlichen Klischees ist er inzwischen einer meiner Lieblingsstreifen geworden, der dank eines ganz besonderen und eigenständigen Flairs Pseudowerke wie "Matrix" oder "Equilibrium" locker aussticht. Als Fan gebe ich dem südkoreanischen "Blade Runner" eine überdurchschnittlich-hohe Wertung, objektiv betrachtet verdient er sicher weniger. Der Film ist und bleibt nun mal Geschmackssache, und ein Review dazu alles andere als einfach...