Inhalt:
John Reilly (Jeffrey Combs) hat eine alte Burg in Italien geerbt und reist mit seiner Frau und seiner blinden Tochter dorthin, um das Erbe genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Haushälterin vor Ort rät nach dem Verkauf der Wertgegenstände zu einer zügigen Abreise und den Ankömmlingen wird bald klar, dass man besser auf die Frau hätte hören sollen, denn in den Kellern des Gemäuers lauert ein Monster...
Kritik:
Meine erste Begegnung mit diesem Film hatte ich vor etlichen Jahren, als mich in einer Videothek, die inzwischen nicht mehr existiert, das Cover mit verlockendem Text anlachte. Da ich den Namen des Regisseurs Stuart Gordon mit der unterhaltsamen Splatterkomödie "Re-Animator" in Verbindung brachte, lieh ich mir den Streifen frohen Mutes aus. Die Erwartungen wurden dann nochmals in die Höhe geschraubt, als mir die Videothekarin zu dem Mietobjekt auch noch eine Gratiskotztüte, die die Aufschrift "Die offizielle Stuart Gordon Kotztüte zum Film gratis für eine Ausleihe. Splatter at its best." zierte. Das gute Teil habe ich heute noch, nur ist von der Benutzung abzuraten, da die Tüte ein paar Löcher aufweist, die sie von einer Begegnung mit meinem Kater, der inzwischen auch nicht mehr unter den Lebenden weilt (obwohl, die Leiche wurde nie gefunden, aber ich schweife ab), davontrug.
Lange Rede, kurzer Sinn. Ich schob das Teil (also das Videoband, nicht die Tüte) in den Videorekorder und war schwer enttäuscht, denn mit Splatter hatte das ganze recht wenig am Hut.
Nun habe ich mir die DVD zugelegt, was ich auf Grund der negativen Erfahrung niemals getan hätte, wenn nicht X-Rated den Streifen in einer schniecken Hardbox herausgebracht hätte. Diesmal waren meine Erwartungen natürlich äußerst gering gesetzt und ich muss sagen, ich wurde angenehm überrascht. Zwar ist der Film noch immer nicht der Oberhammer, aber immerhin ein Grusler nach klassischem Aufbaumuster.
Die Story ist etwas komplexer als oben beschrieben. So gibt es unter den Familienmitgliedern einige Konflikte, weil der Herr des Hauses (solide dargestellt von Jeffrey "Herbert West" Combs) Dreck am Stecken hat. In einer Nacht fuhr er, wie uns ein Rückblick in Form seines Traumes aufklärt, betrunken mit Tochter und Sohn im Auto herum und verursachte einen Unfall (tja, hätte er man auf Udo Lindenberg in dem wohl besten Antidrogenspot aller Zeiten gehört). Die Folge: Sohn tot, Tochter blind. Das hat ihm seine Frau bisher nicht verziehen, was sich unter anderem darin äußert, dass er alleine schlummern muss und nicht mehr ran darf.
Der titelgebende Castle Freak bekam auch eine gelungene Vergangenheit verpasst, die dem Zuschauer im Verlaufe des Films nähergebracht wird. Diese zeigt, dass dem Knilch böse mitgespielt wurde und er für sein Äußeres nichts kann (wer kann das schon?). Tief in seinem Inneren sehnt er sich nur nach Liebe, doch das jemandem ohne Sprache und mit dem Aussehen klar zu machen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Dass er da die ein oder andere Leiche hinterlässt oder mal, wie bereits andere bekannte Filmmonster, bei seinem Anblick den Spiegel zerdeppert, ist nachvollziehbar.
Da in einem echten Schloss und nicht in Studionachbauten gedreht wurde, wird dem Film ein realistischer Charakter verliehen und die gelungene Musik holt aus einigen Szenen das bestmögliche an Athmosphäre heraus.
Wirklich grandios finde ich die Maske des Castle Freak. Der sieht wirklich zum Fürchten aus und allein im Dunklen möchte ich ihm nicht begegnen.
Auch die hervorragenden Effekte, die zwar nicht zahlreich sind, aber platziert eingesetzt wurden, können überzeugen. Ekligstes Highlight ist für mich die Szene, in der sich der an der Wand festgekettete Freak befreit, indem er sich in bester Inspektor Geiger Manier den Daumen bricht, nachdem er ihn vorher angeknabbert hat, und somit durch die Handschelle schlüpfen kann. Bei dieser Aktion wird ihm durch das Metall der Daumen abgerissen.
Apropos Daumen, der Darsteller des Castle Freak musste sich für den Rest des Films den Daumen wegklemmen, um den Anschein zu wahren, dass er das gute Stück verloren hat. Aber in der Szene gegen Ende, in der er an dem blinden Mädchen rumfummelt, bleibt er mit seinem weggeklemmten Daumen an ihrer Schulter hängen, so das dieser sichtbar wird. Als er es bemerkt, klemmt er das Teil schnell wieder weg. Ist mir nur zufällig aufgefallen, da ich sonst nicht auf solche Details achte.
Ich fasse zusammen: Dichte Athmosphäre, gute Musik und tolle Effekte. Warum reicht es trotzdem nicht zu einem Topfilm? Antwort: Die Story kann trotz einiger Höhepunkte nicht komplett überzeugen. Auch wenn ich das in letzter Zeit des Öfteren (schreibt man das groß?) geschrieben habe: Um den Zuschauer über die gesamte Laufzeit bei der Stange zu halten, reicht der Inhalt nicht aus. Manche Szenen wurde zu sehr in die Länge gezogen und lassen daher Langeweile aufkommen.
Bei der abschließenden Punktevergabe schwanke ich zwischen 5 und 6 Punkten, wobei ich mich letztendlich wegen der wirklich dichten Athmosphäre und der Kotztüte von damals ;-) für die höhere Punktzahl entscheide.
6 von 10 Punkten