Wenn Hollywood sich schon einmal mit einem Stück fernöstlicher Kultur beschäftigt, dann darf man auf das Ergebnis wirklich gespannt sein. Wirft man zunächst allerdings einen Blick auf die Rollenbesetzung, so dürften hinsichtlich der Qualität des Projektes durchaus ernsthafte Zweifel aufkeimen; taucht da doch ein Tom Cruise ganz oben auf. Der Tom Cruise, der in freier Wildbahn abseits der Leinwand tatsächlich ein sympathischer, netter Kerl ist, mit seinen Rollen einen kompletten Film leider erstaunlicherweise aber viel zu oft negativ beeinflusste. Und die ersten Minuten lassen dann auch nicht gerade viel Hoffnung aufkommen. Da preist Tom Cruise alias Nathan Algren überkandidelt wie auf einem Jahrmarkt im Auftrag einer Firma deren neuestes Schießeisen an. Sein Charakter ist zudem noch wenig ansprechend gezeichnet: Seebärenartig ein Geschichtchen erzählend, volltrunken und trotzdem treffsicher wie Robin Hood.
Doch wenn "Last Samurai" dann zu Ende ist, haben wir insgesamt einen Tom Cruise gesehen, der sich unerwartet gut verkauft hat, der seinem Nathan Algren Profil verlieh, sich nicht stets in den Mittelpunkt spielte und auch nicht all das gute Potenzial verschlang. Dass zu einer richtig großen Leistung aber noch einiges fehlt, beweist Ken Watanabe. Er spielt den weisen Ruhepol Katsumoto, der unglaublich viel Charisma ausstrahlt. Dieser Samuraianführer ist ein Mann von edler Gesinnung. Die Werte seiner Kultur sind bei ihm unheimlich tief verwurzelt - und dies spürt man in jeder Sekunde. In den Gesprächen mit Nathan Algren, der nach seiner missglückten Schlacht gefangen genommen wurde und für einen Winter bei den Samurai lebt, spielt Ken Watanabe mit ungeheuerlicher, ruhiger Intensität und Leidenschaft. Moral, Ehre und Respekt werden dem Zuschauer hier wohl am stärksten vermittelt. Lediglich das Ende der letzten Schlacht lässt einen diese stimmungsvolle Kraft noch eindringlicher fühlen.
Etwas schade ist, dass der Film final doch noch in die pathetische Richtung schwenkt und sich sehr Hollywood'scher Konventionen hingibt. Was zuvor so schön aufgebaut wurde, geht dann leider wieder etwas in die Brüche. Das ganze Konzept ist daher auch nicht überragend, zumal die Geschichte des Mannes, der in eine fremde Kultur hinschnuppert und von ihr fasziniert wird, nicht gerade neu ist. Die fremden Werte, Gebote und Traditionen werden insgesamt auch nicht gerade überdimensional tiefgründig unter die Lupe genommen. Für solche Tiefgründigkeit ist "Last Samurai" letztendlich doch zu westlich; oder besser gesagt, zu amerikanisch. So inszeniert Edward Zwick die Schlachten doch ziemlich opulent und optisch aufpoliert, verliert sich aber glücklicherweise nie in spektakulärer, rein unterhaltender Action, die hier ohne jeden Zweifel unangebracht wäre. Neben dem erfreulicherweise Übersicht wahrenden Schnitt punktet Zwick auch mit der ein oder anderen wirklich magischen Sequenz, insbesondere im Zusammenhang mit Naturaufnahmen. Das bereits erwähnte Ende der letzten Schlacht ist dazu ebenso zu zählen wie die ersten, im Nebel Schatten werfenden Erscheinungen der anreitenden Samurai bei Algrens erstem Aufeinandertreffen mit den berittenen Kriegern.
"Last Samurai" ist wahrhaftig ein Film mit überraschender Hingabe für fremde Werte. Ruhig erzählt, handlungstechnisch aber auch reichlich gestreckt mit teilweise etwas langatmigen Passagen. Atmosphärisch ist das Gebotene überzeugend, allerdings fehlt gerade bei den nicht-asiatischen Darstellern noch der letzte Funke Leidenschaft. (7+/10)