Review

Miike Taskashis IZO


Kein Monat ohne nicht wenigstens einen Miike. So könnte man den Maßstab setzen, und dennoch würde man hoffnungslos dem exorbitanten Output des Japaners nachhinken. Gewiss muss man nicht alles gesehen haben, was dieser eigenwillige Regisseur auf den Markt wirft und tatsächlich ist seit seinem letzten Werk, das ich euphorisch mit Geniestreich apostrophieren würde, bereits geraume Zeit ins Land gegangen. Vor dem Release von IZO rumorte es in den Gerüchteküchen der relevanten Foren und Fanseiten indes so gewaltig, dass man nicht umhin konnte aufmerksam zu werden.
Ein gigantisches Samurai-Fantasy-Epos wurde dort erwartet, mit einem enorm protzigen Staraufgebot und – das ist für viele von Miike Takashis Jüngern häufig von ganz essenziellem Stellenwert – zudem auf einem so orgiastisch hohen Gewalt- und Gorelevel, dass es die kräftigen Blutteppiche in „Ichi“ auf ein mattes Rosarot verblassen lassen würde.
So sicher wie an all diesem Gemunkel nun auch wirklich was dran ist, verstört der Regisseur nur erneut mit einem Werk, das die Erwartungen eiskalt auflaufen lässt. Aber wie anders hätte das Marketing den Diskurs anstoßen können, für einen Film, der seine Zuschauer entlang einer ultraviolenten, aber adäquat ermüdenden Level-Dramaturgie schleift, zur Auseinandersetzung mit einem Sujet, das, blutrot verbrämt, seinen Protagonisten auf keine geringer Mission als die Klärung der Daseinsfrage schickt. Kein Scheiß, jetzt.

Nach seiner Kreuzigung, nachdem er seiner Mutter, der heiligen Hure, zurück in die Mumu gekrochen ist, wo er keine Antworten, sondern nur ein weiteres Level der Ahnungslosigkeit vorfand, schlachtet sich Izo, ein offensichtlich unkaputtbarer Killer, seinen Weg durch unzählige Ebenen von Raum und Zeit, kreuz und quer, auf der Suche nach dem, was real ist. Seine rücksichtlose Quest, auf der er schließlich selbst ganz unschuldig scheinende Familien als Pfeiler der Illusion erkennt und auch diesen Trug mit seinem Schwert zerschneidet, führt ihn über Level, deren sukzessive Elevation nicht erkennbar ist, ihn aber dennoch immer näher an sein Ziel führt: eine gottgleiche Entität – das androgyne Schnuckelchen Matsuda Ryuhei aus „Gohatto“, mit sich räkelnder Boa um den Hals. Zunehmend nervös gebärden sich die mächtigsten Agenten dieses Über-Tenno (u.a. Kitano Takeshi) und schicken immer fiesere Gegner gegen Izo ins Feld. In seiner gewalttätigen Ignoranz für alle Konventionen, die Menschen zu Menschen machen, aber verwandelt sich auch Izo selbst immer auffälliger in ein Ungeheuer. Ein Preis, den er zu zahlen bereit ist. Unwahrscheinlich häufig wird Izo durchbohrt, werden ihm Wunden geschlagen, die keiner seiner Antagonisten überleben würde. Der einzige Gegner, den er wirklich fürchten muss, ist er selbst.
Miike lässt nun seine Zuschauer an diesem inneren Konflikt seines Protagonisten beinahe unmittelbar teilhaben, denn durch den gleichen Zweifel, der Izo deutlicher noch ermüden lässt als die vielen Wunden, scheint er auch das Publikum quälen zu wollen. Es ist natürlich die Frage, ob das alles hier noch Sinn macht und fortgesetzt werden sollte. Gemetzel folgt auf Gemetzel, immer clipartig aneinander arrangiert, ohne ergreifenden Spannungsbogen, zunehmend dröge. Der Weg zur Erkenntnis ist nicht unterhaltend, sondern gepflastert mit dem sich verfestigenden Wissen darum, das alles schon mal gesehen zu haben. IZO wird eine langatmige, ja beinahe endlose Tortur. Nur mit der Annahme, dass Miike Takashi dies konsequent genau so intendiert hat, kann ich mich zu einer ambivalenten Haltung durchringen. Auch wenn uns Miike natürlich einen Scheißdreck erklären kann.

Details
Ähnliche Filme