Der Samurai Izo wird als Rebell am Kreuz hingerichtet, sein Geist allerdings ist rastlos und nimmt Rache für sein Elend. Wie ein Fluch liegt die Mordlust auf der unreinen Seele des Mörders, gnaden- und sinnlos mordet er weiter, wen immer er auch trifft... Vor einem philosophischen Rundumschlag über das Sein und die Grausamkeit von Menschen, über Krieg und Seelenfrieden liefert Takashi Miike einen actionreichen und gleichzeitig einen seiner komplexesten Filme ab, der unter der Oberfläche der vielen Schwertkämpfe vs. Schießereien und Prügeleien mit einer Menge Blut auf ungewöhnliche Art Izos Schicksal zeigt. Der Werdegang des Untoten, Seelenlosen ist nicht etwa nur eine hasserfüllte Figur, nicht nur gewalttätig, sondern auch mit melancholischen, verzweifelten Momenten, als klar wird "Das Leben ist die Hölle, doch der Tod ist ebenfalls die Hölle." Was bliebe, wäre die unendliche Fortsetzung der Sinnlosigkeit. Ständig am Töten steckt der Schwertkämpfer unter den Lebenden allerlei ein, ohne selbst zu sterben, die ausgemachten Gegner sind ein unglaubliches Sammelsurium an Figuren aus seinem realen Leben (seine Mutter, seine Frau), mythologische Figuren (die Urmutter, Gott) und reale Personen ohne persönlichen Bezug zu ihm (Schüler, Politiker, Soldaten, Yakuza), stellvertretend für Gruppierungen innerhalb der Gesellschaft. Miike macht seinem Namen als enfant terrible alle Ehre und lässt den fast schon bemitleidenswerten Racheengel vor keinem Kill halt machen, selbst vor seiner eigenen Mutter nicht, gnadenlos und sinnlos wie ein Krieger metzelt er sich durch den ganzen Film und der geht über zwei Stunden. Für lockere Abendunterhaltung eignet er sich schon daher weniger, vor allem aber nicht, da Miike eine ungewöhnliche Collage aufbaut, zeitlos mischt er Fragmente aus verschiedenen Epochen, durch die Izo wandert, nicht chronologisch und teilweise innerhalb einer Szene zusammengewürfelt. Die Übertragbarkeit auf Zeiten und Räume ist offensichtlich, harmlosere Anspielungen, wie Versicherungsvertreter, die sich als Vampire outen, wie deutlichere Winke mit dem anarchistischen Zaunpfahl, wenn Grundschüler bereits den Staat als Unterdrückungsapparat definieren, wechseln sich ab. Autoritäten haben den gleichen Stellenwert wie einfache Menschen, respektlos zeigt Miike seinen Antihelden, der sogar Kinder niedermetzelt, selbst vor Gott, Anleihen bei Erlöserreligionen wie dem Christentum finden sich zuhauf. Faszinierend ist an diesem Werk für aufmerksame Betrachter, wie es sich auf einer oberflächlichen Ebene selbst erklärt und die eigentliche Intention dahinter versteckt aufzeigt. So mancher wird mal wieder die selbstzweckhafte, rohe Gewalt anprangern (schließlich besteht Miikes Ehrgeiz nach wie vor darin, weitere Tabus zu brechen, die hier mit viel Blutvergießen, doch fast ohne explizite Splatterszenen gezeigt werden, während andere den Leidensweg besser nachvollziehen können, als bei "Passion Christi" etwa. Trotz mancher Situationskomik, die am Rande mal auftaucht, ist "Izo" ein überwiegend ernster, teils bedrückender Film, dessen Schauspieler gefallen und dessen technische Unzulänglichkeiten in einigen Momenten verschmerzbar sind, angesichts dessen, dass einem ein dickes Bündel Ideen vorgesetzt wird, welches viele andere Regisseure in einem Monat überhaupt nicht abgedreht bekämen. Hyperreale Samuraikämpfe auf der Autobahn stehen phantastischen Metzeleien mit fleischgewordenen Metaphern gegenüber. Es verlangt nach einer Auseinandersetzung mit den vielen Monologen und Dialogen, um etwas Klarheit zu gewinnen, feinfühlige Betrachter können noch bedingt auf die abwechslungsreiche Bilderflut, bzw. Aneinanderreihung von ständig wechselnden Szenarien im Chaosprinzip ausweichen. Wer sich davon einfach nur berieseln lässt, bekommt gelinde gesagt, was er der Philosophie des Filmes folgend verdient, nämlich einen elendig langen, wirren Intellektuellenstreifen verpasst, der nervige Fragen stellt, statt alle Spezialeffekte in Perfektion vorzutragen. "Gnadenlosigkeit ist die Wurzel allen Lebens." heißt es da treffend. Selbstverständlich darf ein Film über die Sinnlosigkeit der Existenz als Stilmittel mit der entsprechend sinnlosen Rahmenhandlung an der Oberfläche aufwarten, wenn er, wie dieser Film, für den Interessierten mehr bietet. Takashi Miike ist und bleibt ein Ausnahmeregisseur, der sich abgesehen von schwachen Zwischenspielen bzw. Auftragsarbeiten immer wieder neu erfindet. Beeindruckend unbequem!
Fazit: Wieder mal ein sicher streitbares, doch auch anregendes Werk, wer sich auf die komplexe Metaebene einlässt, sollte unbedingt reinschauen. 7/10 Punkten