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„Hinter dem grünen Vorhang der Regenwälder verbirgt sich das Grausamste, was das menschliche Auge jemals gesehen hat. Die Rache der Kannibalen. Die Schreie der bestialisch geschlachteten Opfer verhallen im endlosen Dickicht des Dschungels. Die Rache der Kannibalen. Was so ruhig und friedlich beginnt, endet in einem Grauen, für das die menschliche Sprache keinen Ausdruck kennt. Solche grausame Triebe lassen diese Menschen im Urwald zu Bestien werden. Was Sie in diesem neuesten Kannibalenschocker sehen, ist so pervers, daß man es nicht mehr beschreiben kann. Die Rache der Kannibalen. Noch abstoßender, noch entsetzlicher, noch grausamer. Die Rache der Kannibalen.“

Am unterhaltsamsten an „Die Rache der Kannibalen“ ist noch der deutsche Kinotrailer, in dem der Sprecher mit tiefer Stimme in völlig übertriebenem Pathos oben aufgeführte Zeilen spricht, während bereits alle blutigen Szenen des Films in kompakten zwei Minuten vorweggenommen werden. Deshalb kann man sich Lenzis letzten Kannibalen-Streich, und auch allgemein einen der letzten des Genres, getrost schenken. Etwas anderes als der miserable „Lebendig gefressen“ hat Lenzi uns sowieso nicht mehr zu erzählen. Man tausche lediglich die Ausgangslage „ihre Schwester suchende Frau plus Begleiter gehen in den Dschungel“ gegen „Doktorarbeitsschreiberin plus Begleiter gehen in den Dschungel“, fertig ist die Laube dieses dummen kleinen Filmchens, das nichts als Langeweile verbreitet.

Umgeben von einer in den USA spielenden nutzlosen Rahmenhandlung (in der Anfangsszene mit einem jungen Dominic Raacke), die mitten im Film einfach vergessen zu werden scheint und lediglich als Zeitstreckung enttarnt wird, backt Lenzi uns beim Hauptstrang im Amazonas nur Altbekanntes und Vorhersehbares auf, denn daß die Hauptfiguren, darunter ein blondes nymphomanes Dummchen, das sich auch gut in einem Teenie-Slasher machen würde und deren Funktion sowieso nur „Opfer“ ist, den Kannibalen in die Hände fallen und nacheinander abgemurkst werden, ist klarer als Kloßbrühe. Zwar versucht Lenzi ganz nach Deodatos „Nackt und zerfleischt“ und im Gegensatz zu seinem eigenen „Lebendig gefressen“ die Kannibalen nicht als die reinen Bösen darzustellen, indem er sie erst zu den Foltermethoden greifen läßt, nachdem sich der verrückte Mike (Giovanni Lombardo Radice) wie die Axt im Wald aufgeführt hat. Dadurch, daß es beim Rachefeldzug aber auch die Weißen trifft, die sich nichts zuschulden haben kommen lassen, verläuft jedwede Form von Gesellschaftskritik, die Lenzi mit Gewißheit auch nie im Sinn hatte, im Sande.

Wenigstens wurde der Tiersnuff etwas heruntergefahren, aber selbst ein für den Film getötetes Tier ist eines zu viel. Platz für ausgiebige Quälereien blieb, etwa der an einen Holzpflock gebundene Nasenbär, der in Todesangst quiekend einer Riesenschlange zum Fraß vorgeworfen wird – zweifelsohne eine der unangenehmsten und widerwärtigsten Szenen, die ich je gesehen habe.

Erst auf den letzten Metern suhlt sich der Film dann richtig im menschlichen Leid, präsentiert an Haken befestigte Frauenbrüste oder einen abgeschlagenen Penis, was aufgrund der Durchsichtigkeit vieler der Effekte nie die erhoffte Schockwirkung erreicht. Zwischendrin klagt wie bereits in „Lebendig gefressen“ ein Frauenchor als Hintergrundmusik sein Leid, als würde man die Kreuzigung Jesu miterleben, wobei doch nur die gefangen genommenen Helden im Boot übers Wasser schippern. Ganz abstreiten kann man eine zeitweise aufkommende bedrohliche Atmosphäre nicht, aber zumeist geht sie in der Inkompetenz der Macher baden.

Qualitativ jedenfalls ein weiterer Sargnagel für den Kannibalenfilm, an dem sich danach nur noch wenige zu schaffen machten, darunter Schundfilmer Jess Franco, bevor er in der Versenkung verschwand. Gerade noch 2/10.

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