Ein gutes Drama sollte in erster Linie darum bemüht sein, die Geschichte seiner Hauptfigur(en) so darzustellen, dass der Zuschauer mitfühlen und vielleicht ein Stück weit eine Moral für sich selbst extrahieren kann. Gelingt das auch nur einigermaßen, kann man in der Regel schon damit zufrieden sein. Wird diese schicksalsträchtige Geschichte auch noch in ein ansprechendes Äußeres verpackt, intelligent und zugleich spannend erzählt, muss man schon begeistert sein… so begeistert wie im Falle von Haus aus Sand und Nebel, denn hier passt einfach (fast) alles!
Home, Sweet Home
So prangt es einem scheinbar in jeder zweiten gutbürgerlichen amerikanischen Stube von der Wand entgegen. Und auch in Kathy Nicolos Haus könnte man mit Sicherheit irgendwo in einer Ecke diesen auf ein Kissen gestickten Schriftzug entdecken, denn für Kathy (Jennifer Connelly) ist das Haus, das ihr Vater ihr vererbt hat, das einzige, das ihr noch an Lebensqualität und Lebenssinn geblieben ist. Von ihrem Mann sitzen gelassen, versucht sie, ihre Alkoholsucht in den Griff zu bekommen und wieder zurück in ein normales Arbeitsleben zu kommen. Doch eines Tages wird ihr ihr einziges Hab und Gut, ihr Haus, entrissen. Aufgrund eines behördlichen Missverständnisses wird das Haus der Stadt San Francisco überschrieben und zwangsversteigert. Neuer Besitzer ist der ehemalige iranische Oberst Behrani (Ben Kingsley), der gemeinsam mit seiner Frau Nadi (Shohreh Aghdashloo) und seinem Sohn Esmail (Jonathan Ahdout) in die USA geflohen ist, um dort ein neues Leben zu beginnen. Ein Leben, das er dadurch vereinfachen will, dass er Kathys Haus billig kauft und dann für ein vielfaches wieder verkauft…
Aus dieser recht simplen Grundkonstellation heraus entwickelt sich ein Drama, das in seiner Erscheinungsform – sowohl visuell als auch akustisch – wirklich überragend geworden ist und durch seine durchgehend melancholische Grundstimmung jeden Zuschauer mit sich in die Tiefen dieser Melancholie reißen kann. Wer zuvor noch gut gelaunt war, wird mit Garantie nach Haus aus Sand und Nebel einen mächtigen Kloß im Hals haben, denn gerade das Finale dieses Filmes versetzt dem Zuschauer einen ordentlichen Schlag in die Magengrube.
Regisseur Vadim Perelman vereint in seinem Spielfilmdebüt die emotionalen Abgründe zweier Menschen, die durch ein kongeniales Hauptdarsteller-Duo verkörpert werden. Ben Kingsley scheint in jeder seiner Szenen die Leinwand ganz allein für sich in Beschlag zu nehmen, so eindringlich wirkt er, und auch Jennifer Connelly überzeugt durch hervorragendes Schauspiel, das im Vergleich zu Requiem for a dream noch einmal eine gehörige qualitative Steigerung erfahren hat.
Genau so soll ein Drama aussehen, das aus der Masse des Genres herausstechen will. Hervorragende Darsteller, exzellente Umsetzung und die Moral, dass man auch einmal über seinen eigenen Schatten springen und den eigenen Stolz in den Hintergrund stellen sollte, machen House Of Sand and Fog auf jeden Fall zu einem der sehenswertesten Dramen der vergangenen Jahre! Absolute Empfehlung! 9,5/10