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Mit "Haus aus Sand" und Nebel taucht ein gewisser Vadim Perelman aus dem Nichts des Filmemacherhimmels auf und liefert einen Film ab, der mich in Zukunft aufhorchen lässt, wann immer ich diesen Namen höre. Der Regisseur, der zusammen mit Andre Dubus (welcher auch als Nebendarsteller kurz auftaucht) auch das Drehbuch schrieb, erzählt eine dramatische Geschichte über persönliche Lebenskrisen, fatale Missverständnisse und verletzten Stolz.

Der in den USA im Exil lebende ehemalige iranische Colonel Behrani (grandios: Ben Kingsley) ist es gewohnt, trotz Probleme die sein Leben und die Veränderung von Wohlstand und Prunk in normalere Verhältnisse mit sich bringen, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und bemüht sich sowohl die Lebensqualität als auch das Ansehen der Familie zu bewahren. Mit Aushilfsjobs hält er sich über Wasser, während er zu Hause und nach Außen den im Ruhestand befindlichen finanziell abgesicherten Familienpatriarchen mimt und seine Tochter geschickt in reiche Verhältnisse verheiratet. Seinen Sohn Esmail versucht er nach bestem Wissen und Gewissen zu erziehen, stößt aber bisweilen an die Grenzen der eigenen Vernunft. Mehr Schein als Sein ist auch bei der von ihrem Mann verlassenen Kathy (Jennifer Connelly) vorhanden, die im geerbten Haus ihres Vaters seit Monaten vor sich hinvegetiert, antriebslos und blind gegenüber Mahnungen angeblicher Steuerzahlungen, die schließlich zum Zwangsverkauf führen, jedoch trotzdem noch darauf bedacht, vor der Familie die heile Welt aufrecht zu erhalten

Nicht lange dauert es, und es wird klar, wie die beiden Schicksale zusammenlaufen werden. Behrani erwirbt auf legale Weise das Haus zu einem Spottpreis und Kathy ist zwar Opfer eines bürokratischen Fehlers, aber aufgrund von monatelangem nicht Reagierens auf Post in einer dennoch schwierigen Lage. Für beide Parteien ist das Haus Lebensgrundlage, denn Behrani weiß genau was er da für ein Schnäppchen gemacht hat und will es gewinnbringend weiterverkaufen und Kathy steht seit dem Rauswurf schlicht und ergreifend auf der Straße. An dieser Stelle, an der im Prinzip noch nichts passiert ist, was nicht noch in einem Kompromiss für beide Seiten gelöst werden könnte, tritt nun der mehr und mehr der in einer Ehekrise steckende Sheriff Lester Burdon (Ron Eldard) auf den Plan. Erst verguckt er sich in die hübsche Kathy, dann will er ihr helfen und übertritt maßlos seine Kompetenzen und in der Folge verkeilen sich die Parteien immer mehr und die schwierigen Hintergründe der einzelnden Personen vereinfachen die Sache nicht unbedingt...

Trotz ruhigem, fast gemächlichem Erzähltempo und behutsamer Einführung der unterschiedlichen Charaktere, die ein jeder als Puzzlestein in dieser tragischen Geschichte so wichtig sind, schlägt der Film den Zuschauer vollkommen in seinen Bann. Wie bereits angedeutet brilliert Ben Kingsley als um Stärke bemühtes stolzes Familienoberhaupt mit einem anderen Glauben in einer Gesellschaft, die nicht sein eigentliches zu Hause ist. Jennifer Connelly steht ihm in nichts nach und auch Ron Eldard als um Pragmatismus bemühter Sheriff Lester, dessen vermeintliche Hilfe nicht so recht greifen will und der zudem mit der Bürde des im Stich Lassens seiner Kinder und Verlassen seiner Frau zu kämpfen hat, weiß zu überzeugen.

Die Musik untermalt passend, doch Dramatik muss nicht erst noch durch sie erzeugt werden. Natürlich würde ohne Musik etwas fehlen und während des Abspanns sitzt man immer noch wie gebannt da, während die Musik von James Horner weiterläuft. Doch eigentlich steht das Gezeigte schon für sich und wäre ohne musikalische Untermalung fast nicht minder kraftvoll, was vielmehr Lob für die Klasse des Filmstoffes sein soll als eine Herabwürdigung der Filmmusik.

Der Film zeigt, was für katastrophale Folgen es haben kann, wenn Menschen die jeder für sich genug Probleme haben, vor ein Problem gestellt werden bei dem scheinbar nur der egoistische Weg zum Erfolg führt und zeichnet das Bild einer Gesellschaft, die genug Fehler im System hat, jedoch Fehler der darin lebenden Individuen teilweise knallhart bestraft. Am Rande wird auch sichtbar, dass die Ignoranz im Westen gegenüber der Kultur und der Menschen des nahen Ostens Leute wie Behrani eine Menge Beherrschung kostet. Wenn beispielsweise Polizisten oder die Rechtsanwältin von Kathy (routiniert: Frances Fisher) ständig die fremdländischen Namen der iranischen Familie teils aus Desinteresse falsch aussprechen, kann auch so etwas ein Fass zum überlaufen bringen.

Das Haus, das Gegenstand des Problems ist, ist unwichtig im Vergleich zum Miteinander und Wohlergehen der Beteiligten. Haus 'aus Sand' vielleicht, weil Sand genauso ungeeignet ist als Fundament für etwas sicheres und standfestes wie dieses Haus als Grundlage für einen Neubeginn für beide der streitenden Parteien gleichzeitig. Und Haus 'aus Nebel' möglicherweise, weil Nebel so flüchtig ist, wie die Frage wer im Recht ist bezüglich des Besitzes gegenüber der Frage der Unversehrtheit aller Beteiligten.

Fazit: "Haus aus Sand und Nebel" ist harter filmischer Tobak, ohne jedoch schwer zugänglich zu sein. Was als scheinbar vorübergehende Krise und bürokratischem Irrtum beginnt, endet in einem menschlichem Fiasko auf ganzer Linie. Dass wirklich verblüffende dabei ist, dass jede einzelne Figur in dem Moment des Geschehens aus dem jeweiligen Blickwinkel absolut konsequent und nachvollziehbar handelt. Man gesteht mir als Zuschauer somit nicht die Ausrede zu, ein solches Szenario sei zu künstlich konstruiert und könne derart niemals in der Gesellschaft in der ich lebe passieren. Das macht "Haus aus Sand und Nebel" so intensiv und wertvoll. (9/10)

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