Langs letzter Film vor der Emigration nach Paris (später USA) ist wohl der künstlerische Höhepunkt der "Mabuse"-Filmreihe. Nach der zweiteiligen, etwas durchwachsenen Stummfilmadaption des Romans von Norbert Jacques, die Lang Anfang der 20er Jahre gedreht hatte, führte er den Mythos des machtgierigen Psychologen Mabuse ein Jahrzehnt später mit einem seiner ersten Tonfilme zu Ende. Rudolf Klein-Rogge, der schon im Stummfilm-Zweiteiler
den Mabuse gespielt hatte, wirkt hier stumm in einem Bett einer Nervenheilanstalt sitzend mit, der sich nur noch durch wirre, auf Zettel gekritzelte Notizen verständigen kann. Dies wie vieles andere ist auf genial experimentierende Weise umgesetzt, wobei häufig Zeitraffer u. ä. zum Einsatz kommen. Klein-Rogge wirkt in diesem Film noch viel bedrohlicher als im Stummfilm. Auch die anderen Schauspieler sind ausgezeichnet, besonders Otto Wernicke als typischer Berliner Kommissar Lohmann. Der Film spielt in seiner Handlung durchaus auf die Zeit seiner Entstehung an, zum Beispiel wird die Arbeitslosigkeit thematisiert, die Anfang der 30er Jahre einen Höhepunkt erreichte. Langs spätere Äußerung, die Aktionen Mabuses und seiner Handlanger wären im Zusammenhang mit dem aufkommenden Nationalsozialismus zu verstehen, kann jedoch nicht durch konkrete Anhaltspunkte im Film erhärtet werden. Wegen seiner Experimentierfreude und seiner sehr düsteren Atmosphäre zählt der Film im Rahmen seiner Zeit sicher zur Elite.
Anfang der 60er Jahre wurde Lang von "Atze" Brauners Trivialfilmfabrik CCC dazu gewonnen, seine Regiekarriere mit dem äußerst schwachen Filmchen "Die 1000 Augen des Dr. Mabuse" zu beenden. Er hätte es besser bei dem gerade besprochenen Film lassen sollen, der ein Klassiker von unverminderter Faszination und daher uneingeschränkt zu empfehlen ist.