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Mit dem 2001 entstandenen Skandalfilm „Ichi – The Killer“ wurde der japanische Vielfilmer Takashi Miike einem breiten Publikum bekannt und spaltete sowohl Kritik als auch Publikum extrem. So viel Aufsehen dieser Yakuza-Streifen der anderen Art provozierte, so klanglos ging dagegen das zwei Jahre später realisierte Prequel um die Titelfigur Ichi unter.

Die grundsätzlichen Themen wie Gewaltbereitschaft von Jugendlichen oder erotische Stimulierung durch physische Gewalt gegenüber anderen Menschen sind voll und ganz dem bizarren Stil Miikes nachempfunden. Leider ist die Umsetzung ohne inszenatorische Finessen reichlich unterhaltungsarm und gefilmt auf billigem DV-Material. Miike selbst drehte seine bemerkenswerte Familiengroteske „Visitor Q“ ebenfalls auf diesem Material, dort unterstützt die radikale formale Umsetzung allerdings eine absurde Atmosphäre. „Ichi“ dagegen wirkt blass und unmotiviert zusammengezimmert, ohne erkennbare künstlerische Ambition und leider auch ohne die wichtige ironische Brechung, welche das Original erst zu einem herausragenden Film erhob.

Masato Tanno liefert mit „Ichi“ sein Regiedebüt nachdem er schon bei sieben Filmen Miikes als Regieassistent fungierte und sich viel von der Arbeitsweise des produktiven Berufsprovokateurs aneignen konnte. Mittlerweile verbindet die beiden eine tiefe Freundschaft und so konnte Tanno den Kulthit weiterspinnen, beruft sich dabei allerdings zu großen Teilen auf die Manga-Vorlage. Sogar Ichi-Darsteller Nao Omori konnte wieder gewonnen werden. Schon im ersten Teil lieferte er eine erinnerungswürdige Vorstellung und kann hier seinen Charakter als Hauptdarsteller entsprechend vertiefen. Insgesamt bleiben aber alle Bemühungen Omoris zwecklos: Zu konfus ist das Skript, zu plump die Dialoge. Auch die Optik im Stil einer billigen Telenovela wirkt sich anstrengend auf den Zuschauer aus ohne einem tieferen Zweck zu unterliegen.

Als Ichis Gegenspieler ist Teah zu sehen, Miike-Fans bestens bekannt als Hauptdarsteller in „City of Lost Souls“ und Gastrollen in „Izo“ oder „Dead or Alive 2“. Gemeinsam mit Omori erzeugt er zumindest etwas filmisches Flair, welches von den laienhaften Nebendarstellern allerdings gnadenlos unterwandert und zerstört wird. Wann immer sich eine Chance für eine dramatische Situation gibt fühlt man sich als Zuschauer in eine japanische Seifenoper versetzt, angereichert mit unangebracht installierten Gewalteruptionen. Dem überspitzt sadomasochistischen Grundton des Originals hat das dämliche Drehbuch nur flache Nachahmung und klischeehafte Psychologisierung entgegen zu setzen, eine wirkliche Bereicherung der Storyline findet nicht statt.

In den Kampfszenen ist deutlich zu sehen bei wem Regisseur Tanno sein Handwerk erlernte und einige nette Kameraeinstellungen können durchaus gefallen. Im Gegensatz zum abwechslungsreichen Erstling, der kaum eine perverse Idee auslässt und dementsprechend unter die Haut gehen kann, verlässt sich das Prequel auf immer gleiche Strickmuster und Schnittfolgen, die bereits nach kurzer Zeit langweilen und genauso wie die lieblosen Make-up-Effekte extrem leicht zu durchschauen sind. Die Gewaltdarstellung ist moderat und beschränkt sich auf meist sehr sadistische Soundeffekte, splitternde Knochen und klatschende Fäuste suggerieren ein wesentlich höheres Gewaltpotential als die tatsächlich visualisierten Einzelheiten. So wendet sich Tanno stilistisch ein kleines Stück ab von seinem Mentor, dessen Einfluss dennoch in jeder Sequenz zu spüren ist. Bis Miike seine derzeitige Form erreichte sammelte er bereits viel Erfahrung und realisierte im Akkord seine Werke. Vielleicht gelingt es seinem Schüler auch irgendwann, zu einem beachteten und handwerklich versierten Regisseur zu avancieren. „Ichi“ verrät noch nicht allzu viel über die Qualitäten seines Schöpfers, schon weil er unweigerlich im Schatten des Originalfilms steht und mit diesem einfach nicht konkurrieren kann.

Fazit: Technisch schwaches, durchschnittlich gespieltes und ideenarm in Szene gesetztes Prequel zum Kultfilm „Ichi The Killer“, deren Intensität und psychologische Originalität dieser schwache Nachzieher nicht im Mindesten zu erreichen vermag. Nicht ohne Grund ging der Film völlig unter und fand international kaum Beachtung – nicht mehr als ein gescheiterter Erweiterungsversuch für ein erfolgreiches Konzept. Wie auch schon die Anime-Adaption kann man sich selbst als eingefleischter Fan des Originals dieses furchtbare Prequel getrost schenken und hat nichts verpasst.

1,5 / 10

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