Review

Horrorfilme drehen sich gerne um Horrorfans, meist jedoch um die Videosammler und Filmnerds, seltener um die Leser von entsprechenden Romanen. „I, Madman“ bildet da eine Ausnahme.
Es beginnt in einem Hotel in den 1950ern: Ein Gast verlässt das Hotel, kurz darauf erhält der Portier einen Anruf über seltsame Geräusche in einem Raum. Als er dort nachsieht, erwartet ihn das Grauen – und kurz darauf legt Virginia (Jenny Wright) ihr Buch „Much of Madness, More of Sin“ beiseite, in dem sie dieses Kapitel gelesen hat. Die Sequenz ist nicht nur doppelbödig, sondern führt die Hauptfigur als phantasiebegabte Leserin mit Vorstellungskraft ein, die in einem für sie spannenden Buch gern versinkt.
Virginia ist fasziniert von dem Autor, einem gewissen Dr. Alan Kessler, und möchte gern mehr von ihm lesen. Er hat jedoch nur zwei Romane geschrieben, der zweite trägt den Titel „I, Madman“, den Virginia jedoch nicht auftreiben kann, obwohl sie in einem Second-Hand-Buchladen arbeitet. Wie von Geisterhand bekommt sie das Buch jedoch mit der Post nach Hause, womit der Film allerdings seinen Interpretationsraum beschneidet: Es erscheint klar, dass übernatürliche, externe Mächte wirken, eine Halluzination der Hauptfigur erscheint unwahrscheinlich.

Denn schon bald vermischen sich Fiktion und Realität: Virginia meint den titelgebenden, entstellten Verrückten des Romans zu sehen, wie er Opfer überfällt und ihnen Körperteile abschneidet, die ihm fehlen. Tatsächlich passieren die Morde, aber die Polizei, der auch Virginias Freund Richard (Clayton Rohner) angehört, glaubt an einen Zufall…
Tatsächlich geht der Film von Tibor Takács relativ straight zu Werke: Brav folgt auf jedes Lesen von einem Mord die tatsächliche Tat, entweder sind es Figuren, die extra dafür eingeführt werden, oder Nebenfiguren, bei denen man schon ahnt, dass ihr Schicksal bereits besiegelt ist. Insofern geht „I, Madman“ da fast schon zu konventionellem Slasher-Business über, das zwischen die einzelnen Mordtaten die Ermittlungen Virginias schiebt, der irgendwann auffällt, dass die Bücher als Non-Fiction gekennzeichnet sind. Die Heldin ist zwar keine Jungfrau mehr, wie viele Final Girls des Slasherfilms, doch ihr Name und ihr braves Verhalten weisen auf ihre Nähe zu derartigen Unschuldsikonen hin. Großartige Erklärungen darf man beim Plot freilich nicht erwarten, weder für das Auftauchen Kesslers bzw. seines Alter Egos noch für den einen oder anderen Teil des Konstrukts, auf dem „I, Madman“ denn nun fußt.
Jedoch geht es dem Film eher weniger um die Geschichte, sondern um das, was man aus der Prämisse machen kann. Und das macht Takács relativ gut, gerade als Hommage an Pulpromane der 1950er (zu denen die fiktiven Kessler-Romane ja gehören) ist sein Horrorthriller echt charmant, fängt er das Flair ein, dass diese Romane, ihre Coverbilder und artverwandte Medien (wie die berühmt-berüchtigten E.C. Comics) versprühen. Ebenfalls sehr schön ist das Finale, das noch eine vorbereitete, aber dennoch unerwartete Überraschung aus dem Hut zaubern kann und weitaus unkonventioneller als der vorige Film daherkommt.

Nach der stimmigen Eingangssequenz ruht der Film eine Weile, ehe es dann zu den Morden kommt, deren Zahl überschaubar ist, die nicht allzu graphisch ausfallen, aber auch nicht für die Gorefans gemacht sind: Obwohl man weiß, wer bald als Schisch Kebab endet, sind diese von Takács doch recht spannend in Szene gesetzt. Effektmäßig ist „I, Madman“ in seinen Spezialeffekten ein charmantes Kind der 80er, sei es nun das Dr.-Kessler-Make-Up oder die Darstellung des Jackal Boy, den man im Verlauf des Films zu sehen bekommt.
Der Cast ist insgesamt überzeugend, wenn auch nicht herausragend: Jenny Wright ist kein neuer Stern am Himmel der Scream Queens, macht ihre Sache ordentlich, während Clayton Rohner ebenso solide wie unscheinbar den Männe an ihrer Seite gibt. Überraschend charismatisch kommt Randall William Cook, eigentlich der Effektmeister des Films, in der Mörderrolle daher, aber das könnte auch dem Make-Up liegen, das er und sein Team für die Rolle ausgewählt haben.

Alles in allem mag „I, Madman“ nicht alle Möglichkeiten ausschöpfen, die das Sujet bietet, und ein wenig unterkomplex sein, aber ein ganz vergnüglicher Horrorfilm mit charmanten Tricks und einer stimmigen Atmosphäre, die auf den Pulp der 1950er referiert, ist trotzdem dabei herumgekommen.

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