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„Der Haushalts-Robocop"

Michael Crichton verstand es wie kaum ein Zweiter, spannende Unterhaltung und Wissenschaft oder Gesellschaftskritik stimmig zu fusionieren. Seine Romane waren daher häufig ideale Filmstoffe (u.a. „Andromeda", „Sphere", „Rising Sun", „Jurassic Park", „Disclosure") mit praktisch garantiertem Erfolg. Das Multitalent verfasste aber auch zahlreiche Drehbücher, die er dann häufig gleich selbst inszenierte (u.a. „The great Train Robbery", „Westworld", „Coma"). In diese Kategorie gehört auch der 1984 gedrehte SF-Thriller „Runaway". Wieder einmal wirft Crichton dabei einen gleichermaßen interessanten wie kritischen Blick auf mögliche zukünftige Gefahren zeitgenössischer Technologien.

In „Runaway" haben Computer viele Aufgaben des täglichen Lebens übernommen. Sie steuern Autos, kochen Mahlzeiten, erinnern an Termine und überwachen die Hausaufgaben von Pennälern. Die Polizei unterhält eine eigene Spezialeinheit für außer Kontrolle geratenen Geräte, die aber eher einer uniformierten KFZ-Mechaniker-Truppe ähnelt. Dementsprechend groß ist die Verwirrung, als ein gewöhnlicher Haushaltsroboter seinen Besitzer ermordet. Revier-Platzhirsch Sgt. Jack Ramsay (Tom Selleck) ist daher wenig begeistert, als ihm mit der unerfahrenen Karen Thompson (Pop-Sternchen Cynthia Rhodes) ausgerechnet jetzt ein neuer Partner zugeteilt wird. Zumal die Spur über modifizierte Chips nicht nur in höchste Militär-Kreise führt, sondern auch den psychopathischen Wissenschaftler Dr. Charles Luther ins Visier nimmt, der für die Vermarktung seiner Erfindung ohne zu zögern über Leichen geht.

„Runaway" hat nicht ganz die Dramatik und vor allem nicht den Wow-Gehalt der ganz ähnlich gelagerten Crichton-Dystopien „Westworld" (Amok laufende Roboter im Freizeitpark) und „Jurassic Park" (Amok laufende Dinosaurier im Freizeitpark). Alles ist eine Spur biederer, braver, begrenzter, unspektakulärer. Dafür aber auch deutlich weniger utopisch und theoretisch vorstellbarer. Crichton setzt zudem auf die Strukturen und Mechanismen eines klassischen Cop-Thrillers und sorgt mit zahlreichen Actioneinlagen immer wieder für Tempoverschärfungen.

Der zeitgleich als entspannter Privatdetektiv Thomas „Magnum" große TV-Erfolge feiernde Tom Selleck verpasst dem wenig originellen „Robo-Cop" Ramsay die dringend nötige Charme- und Präsenz-Spritze und hat mit dem schillernden (ausnahmsweise ungeschminkten) KIss-Sänger Gene Simmons einen herrlich überdrehten Fiesling-Gegenspieler. Die ebenfalls aus der Musikbrache stammende Cynthia Rhodes ist hauptsächlich fürs männliche Auge zuständig und erfüllt zumindest diese Aufgabe anstandslos. Die durch „Stark Trek II" berühmt gewordene Kirstie Alley hat den etwas dankbareren bad girl-Part, macht daraus aber auch nicht wesentlich mehr als schmückendes Beiwerk.

Dass „Runaway" letztlich hinter den Blockbuster-Erwartungen von Crichton und Studio (TriStar) zurück blieb, mag auch an der deutlich kompromissloseren und zynischeren Konkurrenz aus dem Hause Cameron gelegen haben. „The Terminator" traf ganz offensichtlich mehr den Zeitgeist der seinerzeit überschaubaren SF-Fangemeinde. Daran konnten auch die gelungenen Effekte und Jerry Goldsmiths erster „Elektro-Score" nichts ändern. Im Gesamtwerk des Filmemachers Michael Crichtons bleibt „Runaway" dennoch ein gleichermaßen getreuer wie sehenswerter Beitrag. Dass er seine Rezeptur natürlich noch schmackhafter servieren konnte, ist aber auch keine Frage.

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