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„Lasst uns Kunst machen!“

Zwischen „Tromeo & Julia“ und „Citizen Toxie“ drehte US-Regisseur und Chef des „Troma“-Independent-Labels Lloyd Kaufmann 1999 mit „Terror Firmer“ den vielleicht ultimativen Troma-Film, in jedem Falle aber eine in sämtliche Richtungen austeilende Meta-Satire in Form einer Splatter-Trash-Komödie.

„Meine Grenze liegt bei Eierquetschen! Ich kündige!“

Larry Benjamin (Lloyd Kaufmann höchstpersönlich) arbeitet am nächsten Teil der „Toxic Avenger“-Superhelden-Saga, doch durchs neben der hübschen, Regiekarrierepläne schmiedenden Jennifer (Alyce LaTourelle, „Big Helium Dog“) aus allerlei skurrilen Gestalten, Freaks und Vollidioten bestehende Filmset scheint sich eine wahnsinnige Serienmörderin zu morden, die offenbar einen unbändigen Hass gegen Produktionen wie diese hegt. Das stellt Larry vor ernste Probleme, denn so austauschbar sein Team auch sein mag – je weniger davon übrigbleiben, desto schwieriger wird es, den Film und damit ein neues Kunstwerk zu vollenden…

„Die Abtreibung bleibt drin!“

Troma dreht also einen Film übers Filmemachen – und verarscht sich damit zunächst einmal kräftig selbst. Um den übertriebenen Anteil an Blut, Gekröse, Sex und Fäkalhumor vieler Troma-Produktionen zu persiflieren, wird dieser noch einmal zwecks Veranschaulichung auf die Spitze getrieben, so dass „Terror Firmer“ eine beachtliche Ansammlung von Geschmacklosigkeiten anzubieten hat. Darüber hinaus ist der Regisseur blind (!) und lauert „Schleichwerbung“ für Troma an allen Ecken. Nach den drei grausamen Morden im Prolog (Verbluten durch Beinamputation, Defötusierung, Cerealienmord…) ergehen sich fast alle in Overacting oder sind irgendwie albern zurechtgemacht. Der Humor zielt schließlich auch in Richtung Filmfans, Filmindustrie, Mainstream etc., andere Genres werden aufs Korn genommen (beispielsweise in Form einer Sitcom-Parodie), wobei man jedoch – damit sich hier niemand irgendwelchen Illusionen hingibt – betont infantil und absichtlich trashig bleibt.

„Diese Filmleute sind ekelhaft!“

Zwischenzeitlich hält sogar die Split-Screen-Technologie Einzug und immer wieder lassen sich neben spaßigen Details wie einem Einweckglas mit roten Heringen bekannte Gesichter entdecken: Die Punketten der Lunachicks haben einen Kurzauftritt, Pornostar Ron Jeremy mischt sich ebenso unters Filmvolk wie die „South Park“-Schöpfer Trey Parker und Matt Stone und nach Filmende ruft Motörhead-Lemmy zu Toleranz ggü. Hermaphroditen und ihrer Anerkennung auf. Etwaigen Sexismus-Vorwürfen begegnet man, indem man der weiblichen auch männliche Nacktheit gegenüberstellt, beim Rückgriff auf Stereotypen werden diese derart überzeichnet, dass sie zugleich parodiert werden und die blutigen Spezialeffekt bleiben i.d.R. durchschaubar. So oder so ist „Terror Firmer“ mit seinem Punkrock-Soundtrack aber nichts für Schöngeister, sondern für Freunde des provokanten Haudrauf-Humors, der das Herz am rechten Fleck hat und sich mit seinem Augenzwinkern an Fans des Labels und des guten schlechten Geschmacks richtet. Special interest also, in seiner Radikalität und Konsequenz aber durchaus auch in der Lage, neue Opfer Zuschauer mit dem anarchischen Troma-Humor infizieren. Auch den Abspann gestaltete man humoristisch. Trotz aller „Qualitäten“ ist Kaufmanns Film über die volle Unrated-Distanz aber dann doch irgendwann zu viel des Guten, ca. eine halbe Stunde zu lang geraten. Bei mehr Straffung wäre noch mehr drin gewesen.

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