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Es gibt nicht sehr viele Filme die einen nachhaltigeren Einfluss auf asiatische Filmemacher hatten wie Chang Chehs Meisterwerk „The Boxer from Shantung“ und damit zurecht den Status Klassiker tragen. Cheh gilt bis heute als Aushängeschild der Shaw Brothers, denn wie kaum ein anderer Regisseur bestimmte er die Entwicklung des Swordsplay und Kung Fu Filmes in den 60’er und 70’er Jahren. Neben seinem glanzvollen Schwertkampfepos „One-Armed Swordsman“ gehört eben dieser Film aus dem Jahre 1972 zu seinen wohl herausragendsten Werken.

„The Boxer from Shantung“ erzählt die Geschichte des armen Ma Yung-Chen (Chen Kuan-Tai) aus Shantung, der in der großen Stadt Shanghai sein Glück sucht und vom großen Geld träumt. Besonders der Aufstieg des Gangsterboss Tang Si (David Chiang) inspiriert Ma, der eines Tages genauso erfolgreich und mächtig sein will wie sein Vorbild…

Chang Chehs „Boxer from Shantung“ erzählt auf sehr dramatische Art und Weise den Aufstieg und Fall eines einfachen Landarbeiters, welcher zum einflussreichen Gangsterboss aufsteigt und schließlich die Schattenseiten des skrupellosen Lebens am Rande der Legalität spüren muss. Cheh lehnt sich bei seiner Inszenierung sehr eng an westliche Gangster- und Mafiageschichten an, in denen es ebenfalls stets rivalisierende Banden die Gebiete streitig machten. Dabei kann man Cheh sogar eine gewisse Vorreiterrolle attestieren, denn die großen Gangsterepen Hollywoods wie „Der Pate“ erschienen erst Jahre später.

Die Gier nach Macht und Reichtum ist auch in „Boxer from Shantung“ ein Dreh- und Angelpunkt und immer allgegenwärtig. Damit verbunden ist auch einen hohes Maß an Gewalt um die eigenen Interessen zu wahren, was Cheh in seiner Inszenierung voll ausschöpft und diesen Film wohl als einen der bluttriefendsten Werke unter dem Banner der Shaw Brothers auszeichnet. Es fließt literweise Kunstblut, was besonders im fast halbstündigen Showdown auf die Spitze getrieben wird. Die finale Abrechnung der beiden verbliebenen Clans im Teehaus ist ein wahres Schlachtfest und einer der eindrucksvollsten Massenkeilereien die das Easterngenre je hervorgebracht hat. Typisch Cheh ist die stark stilisierte Theatralik, was beim Ableben des Titelprotagonisten besonders deutlich wird. Diese Komponenten inspirierten im Übrigen einen gewissen Regisseur namens John Woo bei der Begründung des Heroic Bloodshed Movies. Das Woo von Cheh beeinflusst wurde ist offensichtlich, zumal er in „Boxer from Shantung“ als Regieassistent von Chang Cheh bei der Produktion selbst mitwirken konnte.

„Boxer from Shantung“ besitzt alle Eigenschaften die eine gute Shaw Produktion auszeichnen: Die oppulenten Sets der Studios kommen sehr gut zur Geltung, die Geschichte ist dramatisch und spannend erzählt und mit Chen Kuan-Tai und David Chiang sind zwei der besten Darsteller an Bord die bei Shaw unter Vertrag standen.

Vor allem Chen Kuan-Tai in der Rolle des jungen Ma überzeugt durch sein außergewöhnliches Charisma auf der Leinwand, sein gutes kämpferisches Können aber auch durch sein überzeugendes schauspielerisches Können. „Boxer from Shantung“ ist Kuan-Tais erste große Hauptrolle, in der er ziemlich überzeugend den stolzen Kung Fu Kämpfer und später auch Lebemann verkörpert. Kuan-Tais großer Vorteil gegenüber Shaw Brothers Kollegen wie Wang Yu ist das er wirklich kämpfen kann und einen entsprechenden Background besitzt. Das sieht man in seinen Filmen und macht ihn deutlich glaubhafter. Seine Präsenz auf der Leinwand ist einzigartig, auch wenn er dadurch wie in diesem Fall sogar etwas arrogant wirkt, was aber wiederum zur Rolle sehr gut passt. Chen Kuan-Tais Leistung in diesem Filmhat letztlich den entscheidenden Impuls gegeben das er schnell in den Olymp der Shaw Superstars aufstieg.

Noch ein Wort zum Actiongehalt. Obwohl „Boxer from Shantung“ kein einfacher Haudrauf-Eastern ist, sondern sich durch seine vielseitige Geschichte mit einer Prise Gesellschaftskritik deutlich vom gemeinen Kung Fu Film abhebt, spielt auch hier die Kampfkunst natürlich eine zentrale Rolle. Die Inszenierung der Kampfszenen orientiert sich dabei klar an den schnellen Kampfszenen wie sie zu Beginn der 70’er üblich waren, auf ausgefeilte Choreographien wurde dabei weitestgehend verzichtet. Das hat den Vorteil dass alles sehr schnell und fließend verläuft und so die Möglichkeit für ausladende Massenkämpfe geboten wird. Unter der Leitung von Lau Kar-Leung reihen sich so einige sehr imposante Fights aneinander, in denen Chen Kuan-Tai sehr überzeugend die Rolle des schlagfertigen Helden verkörpert. Die in „Kung Fu Hustle“ parodierte Axt Gang spielt hier ebenfalls eine wichtige Rolle. Besonders der bereits erwähnte Showdown mit Chen Kuan-Tai als One-Man Army sucht in dieser Beziehung seinesgleichen.

Fazit:
„Boxer from Shantung“ gehört zu den ganz großen Klassikern der Shaw Brothers und darüberhinaus. Der Film kann durchaus als chinesische Version von „Scarface“ verstanden werden, nur das hier eben die Fäuste sprechen. Daher dürfte dieser Film nicht nur für eingefleischte Easternfans interessant sein. Chang Cheh hat sich hier ohne Frage ein Denkmal gesetzt das bis heute Bestand hat - ganz großes Kung Fu Kino!

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