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Wie ist es eigentlich, wenn man alles richtig macht? Humanoids from the Deep oder in Deutschland schlicht Das Grauen aus der Tiefe (bitte nicht zu verwechseln mit Robert Gordons 6-armigem Kraken aus der Harryhausen-Schmiede) ist saubillig und gleichzeitig in knapp 80 Minuten mit allem ausgestattet was Spaß macht. Es ist eine kleine Retrospektive des Produzenten Roger Cormans in die guten alten 50er, wo er selber mit Monsterfilmen auf sich aufmerksam gemacht hat. Hier wird der Entwicklung Tribut gezollt, denn Das Grauen aus der Tiefe ist so eine Art Schwellenfilm zwischen 70er Ökohorror und dem 80er Jahre Slasher, ist ein bisschen Alien und vor allem Der weiße Hai und erinnert sich an einen essentiellen Genrefilm, nämlich Der Schrecken vom Amazonas, ohne den dieses Spektakel vermutlich nie Wirklichkeit geworden wäre.
Die Hintergrundgeschichte spielt kaum eine Rolle. Industrielle Vorhaben, lockende Arbeitsplätze, Methoden um den Lachsfang zu erhöhen, Streit mit den Native Americans. Und ein Jahrmarkt, auf den das ganze natürlich irgendwann zusteuert. Mittendrin Doug McClure, der sich inzwischen ja mit Katastrophen und seltsamen Geschöpfen auskennen sollte.

Das Schöne: In Das Grauen aus der Tiefe kommt man mit allem schnell auf den Punkt. Da zippelt mal eben ein Fischmonster am Netz, daß kurz darauf das Boot hochgeht. Unwesentlich später müssen zunächst respektlos die Wachhunde daran glauben und schließlich ist immer mehr von den humanoiden Gummimonstern zu sehen, die fleißig Menschen attackieren und den Mädchen ihre Bikinis herunterreißen, um sie frei nach guter alter Drive-In-Manier zu vergewaltigen. Von einem Nest über Mutationstheorien bis hin zum fulminanten Finale, in dem einige dieser Kreaturen den besagten Rummel heimsuchen gibt es keine Langeweile, keine Leerläufe, keine Atempause.
Die Splattereffekte sind wohl dosiert. Man sieht zwar mal ein paar Innereien heraushängen, oder ein Opfer, dem das halbe Gesicht abhanden gekommen ist, aber im wesentlichen handelt es sich doch um Herumalberei, bei der ab und an auch einfach ein paar Spritzer Kunstblut fließen dürfen. Wer nach der Beschreibung Monstren erwartet, die mit ihrem Riesenschwengel blutjunge Mädchen penetrieren, ist natürlich im falschen Film. Die Stärke von guten Corman bzw. New World Produktionen besteht darin, Grenzen zwar zu überschreiten und an sich selbstzweckhafte Szenen zu inszenieren, die jedoch nie wirklich über den "Scream, Laugh and Yell" - Faktor eines seichten Unterhaltungsfilms hinaus zu gehen. Dennoch konnte Regisseurin Barbara Peeters die spekulativen Tittenszenen, nach den Corman nachträglich verlangte, nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, so daß sie kurzerhand gefeuert wurde und Jimmy T. Murakami dieses Material nachdrehte.
Die Musik von James Horner ist meist unauffälliger als die Kreaturen und Effekte an denen Rob Bottin und Roger George beteiligt waren, spiegelt aber doch ab und zu Motive seiner Vorbilder wieder.

Warum Das Grauen aus der Tiefe schließlich in Deutschland immer noch mehr als Geheimtip rangiert, hängt sicherlich mit der Veröffentlichungspolitik zusammen. Spätestens jetzt, wo man anhand prominenter Beispiele auch diesen Film bei zwei zugedrückten Augen mit einer FSK 16 neu prüfen lassen könnte, wäre es eigentlich an der Zeit, auch uns mit einer amtlichen Fassung zu beglücken. Speziell die Anklänge von Sexploitation, die sicherlich ein Haupthinderungsgrund sein könnten, sind im Vergleich mit In Hollywood ist der Teufel los, der ebenfalls Minderjährigen zugänglich ist, noch wesentlich harmloser und abwegiger.
Das Grauen aus der Tiefe ist ein goldiges Kleinod für den Fan von Monstertrash, wobei vielleicht doch wesentlich gewollter billig als andere Produktionen. Rhythmisch perfekt arrangiert bietet der Film alles, was man an altbackenen Filmen mit Gummikreaturen jemals vermissen konnte. Allenfalls die Glaubensfrage, ob nicht beispielsweise der sexuelle Subtext in Jack Arnolds Vision schließlich verspielter, schöner, wertvoller wäre, könnte man aufwerfen - muß man aber nicht. Diese Perle der schundigen Unterhaltung ist schrill, überspitzt und rasant. Viel zu attraktiv, um nicht unendlich dankbar dafür zu sein. Eine klare Empfehlung!

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