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Die Corleones gibt's jetzt auch in Hongkong. In "Infernal Affairs II", dem erschreckend schnell produzierten Prequel zu dem 2002er Kassenhit "Infernal Affairs", einem High-Tech-Cop-Drama, gehen die Regisseure Andrew Lau und Alan Mak, wird aus der geradlinigen Thrillerstory ein fast unüberschaubar komplexes Gangsterepos, das sehr oft im Laufe der 120 Minuten Laufzeit an die Geschichte des "Paten", also der Familie Corleone erinnert.

Man kann es den beiden Regisseuren nicht mal verübeln. So hatten Mak und Lau die schwierige Aufgabe vor sich, ein Prequel, also die Vorgeschichte zu einer Geschichte zu entwerfen, die bereits mit dem Vorgängerfilm rund und abgeschlossen wirkte. Aufgrund des tragischen Endes in "Infernal Affairs" konnten Lau und Mak die Geschichte ohne Verlust eines der Protagonisten nicht weiter in die Zukunft spinnen, so beschloss man, die Hintergründe zu beleuchten, und einfach auf beide Stars aus dem ersten Teil, Andy Lau und Tony Leung, zu verzichten. Und so aktivierte man die beiden Jungdarsteller Edison Chen und Shawn Yue, die schon in den Rückblenden in dem ersten Teil die jüngeren Versionen der eigentlichen Helden verkörperten, um die Geschichte zu erzählen, wie aus Yan und Lau zwei Undercover-Agenten wurden, die jeweils die Opponenten ausspitzelten.

Überraschend ist es jedoch, dass weder Chen noch Yue wirklich die Leinwand mit ihrer Geschichte füllen. Sie sind bestenfalls Randfiguren, die keinen direkten Einfluss auf die Storyline haben, sondern sich eher dazu präparieren, später größere Dinge zu vollbringen. Wortkarg und schauspielerisch bestenfalls durchschnittlich geben sich Chen und Yue Mühe, den Vorbildern Leung und Lau gerecht zu werden. Eine richtige Chance bekommen sie dazu von dem Film aber gar nicht, denn "Infernal Affairs II" konzentriert sich eher auf die Geschichte von Superintendent Wong (Anthony Wong) und Sam (Eric Tsang), die, wie wir wissen, später zu erbitterten Gegnern wurden, und hier noch einer gefährlichen Freundschaft fröhnen. Sam ist zwar noch nicht der Top Dog in der Unterwelt, jedoch würde seine Frau Mary (Carina Lau) ihn gerne auf jenem Thron sitzen sehen. Zusammen mit Wong plant und führt sie den Mord an der Gangsterlegende Kwoon aus.

Nach dem Tot des Big Boss kommt die Michael-Corleone-Figur des Films ins Spiel: Francis Ng als der todtraurige, hinterbliebene Sohn Ngai des verstorbenen Gangsterbosses. Nicht Sam ist es, der nun über die Drogengeschäfte in Hongkong wacht, sondern der Familienvater und Geschäftsmann, der aus einem weniger kriminellen Umfeld kommt, als Sam. Und mit dieser, den drei "Paten"-Filmen doch sehr entliehene Figur ist die stärkste in "Infernal Affairs II". Wong und Tsang können noch so gegen den stillen, intelligenten Triadenboss Ngai anspielen - die Leinwand gehört hier dem überlegenen Spiel Francis Ngs.

"Infernal Affairs II" verweigert den Weg des reinen Actionthrillers noch konsequenter als sein Vorgänger. Das Prequel versteht sich als Drama, nicht als Actionfilm. Und die stärksten Szenen sind genau jene, die manchmal offensichtlich, manchmal verschachtelt der "Pate"-Szenerie abgekupfert worden sind. Man tausche die Mafia mit den Triaden, und schon sind wir inmitten der "Pate"-Filme Coppolas. Mings erster Mord erinnert optisch ungemein an den legendären Anschlag De Niros in dem zweiten "Der Pate". Oder auch die Ermordungen an den vier Gangsterbossen, die sich gegen seinen Vater verschworen haben, erinnert an jene kalte Abfolge von Racheszenerien aus dem ersten Coppola-Film.

Trotz alledem funktioniert "Infernal Affairs II" nicht. Die beiden Hauptfiguren aus dem ersten Teil sehen größtenteils tatenlos zu; die Schauspieler sind mit den Rollen überfordert. Die Freundschaft zwischen Sam und Wong mag nicht in das bisherige "Infernal Affairs"-Universum passen, und wirkt sperrig und aufgesetzt. Auch Sams Frau Mary scheint zu Anfang einen Hauch der Chance zu haben, sich als starke weibliche Figur in einem Männerfilm etablieren zu können, verkommt im Laufe der Story aber auch nur zu einer weiteren Schachfigur in Lau und Maks unübersichtlichem Verschwörerspiel.

Am Ende des Films ist die Geschichte simpler als zu Anfang befürchtet. Das geschwindige Tempo in der ersten halben Stunde von "Infernal Affairs II" verfliegt schnell, und die Irritation, die sich zu Anfang im Zuschauer breit machen könnte, da die beiden Regisseure darauf verzichten durch einen Prolog noch einmal die Geschehnisse und Charaktere aus dem ersten grob vorzustellen, kriegt der Aufmerksame innerhalb von fünf Minuten locker in den Griff. Doch auch wenn in "Infernal Affairs II" tragische Tode gestorben werden, ist man weniger involviert in die Geschichte. Fieberte man beim Erstling noch mit den Helden mit, so geht dem Prequel jene emotionale Dichte völlig ab.

Doch halt, "Infernal Affairs II" ist kein schlechter Film. Es ist halt, obwohl er eigentlich ein Prequel darstellt, ein typisches Sequel. Vertrauend auf den Erfolg und der guten Kritik des Vorgängers weiten Lau und Mak ihre Geschichte in die Vergangenheit hin aus, aber addieren zu den Begebenheiten aus dem Hit von 2002 nichts, was von Relevanz oder Wichtigkeit für die Figuren gewesen wäre. "Infernal Affairs II" ist auf den zweiten Blick recht simpel inszeniert, das Drehbuch ist schwächer geschrieben, verliert besonders kurz vor dem Showdown an Spannung und hat keine einzige schauspielerische Leistung zu bieten, die nur annähernd an das Ensemble des ersten Teils anknüpfen könnte - und das obwohl einige der Stars ihre Rollen wiederholen. Unterhalten kann "Infernal Affairs II" dann dennoch. Die letzten zwanzig Minuten sind durchaus spannend, und das, obwohl man zwangsläufig weiß, wie sich die Schicksale der einzelnen Figuren entwickeln würden. Aber gerade der Showdown, der 1997, zu der Zeit, in der das britische Empire ihre Kolonie Hong Kong an die Volksrepublik China zurückgeben musste, spielt, ist noch das stärkste an dem Prequel. Dennoch muss "Infernal Affairs II" als Enttäuschung betitelt werden. Konsumierbar ist der Film allemal, als Vorgänger zu "Infernal Affairs" ist er jedoch ein Desaster. Entweder greift man gleich zum Original oder zu "Der Pate II" - oder man wartet auf den unvermeidbaren "Infernal Affairs III".

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