„Ohm Krüger“ zählt zu den am meisten ausgezeichneten und aufwendigsten Propagandafilmen aus der Zeit des Nationalsozialismus. Wie auch der wesentlich bekanntere „Jud Süß“ handelt es sich um einen teuren Historienfilm und auch hier wählte man geschickt den Vorlage für die Rahmenhandlung aus. In seiner Intention anti-englisch, steht dem Film der historische Hintergrund des Burenkrieges in Südafrika, Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. Im Mittelpunkt der Handlung steht der zum Helden glorifizierte Paul Krüger, dessen gleichnamiges reales Vorbild ein überzeugter weißer Rassist war und unter anderem im Burenkrieg gegen die Briten kämpfte. Die unmenschlich grausame Politik der rassistischen Buren wird hier in ein gutes Licht gestellt, unter anderem rechtfertigt der Film die Deportation der Juden. Hier taucht bereits eine frühe Form des Konzentrationslagers auf und (so makaber das auch klingt), die Schrecken des KZ-Lebens werden mit erbarmungsloser Härte geschildert. Ein schlüssiges Bild ergibt die Aussage des Films nur bei Betrachtung anderer zeitgenössischer Werke wie „Der Ewige Jude“ oder auch „Jud Süß“. Antisemitismus gibt es in „Ohm Krüger“ nur codiert und wenig zielgerichtet.
Mit der Inszenierung wurden Hans Steinhoff, Karl Anton und Herbert Maisch engagiert, die Gesamtleitung kam allerdings Hauptdarsteller Emil Jannings zu. Jannings war einer der besten, wenn nicht der beste Schauspieler seiner Zeit, bereits zu Stummfilm-Zeiten avancierte er zum Riesenstar und ist sogar der erste Oscar-Gewinner in der Kategorie bester Hauptdarsteller. Mit der Renaissance des Tonfilms beendete Jannings seine kurze aber erfolgreiche Karriere in Hollywood und kehrte nach Deutschland zurück. Diese Entscheidung sollte ihm aufgrund der seiner Nähe zum Nationalsozialismus und der daraus resultierenden Mitwirkung in einigen Propagandafilmen zum Verhängnis werden. Mit lebenslangem Berufsverbot gebrandmarkt, starb Jannings einsam, verbittert und ohne, dass die Öffentlichkeit Notiz davon nahm. Ein unrühmliches Schicksal für ein Schauspielgenie wie ihn, seltsam dass es Jannings im Gegensatz zu Leuten wie Veit Harlan so hart traf.
In „Ohm Krüger“ zeigt er sich von seiner besten Seite, gibt dem alten Politiker ein würdevolles Gesicht, spielt seine Rolle mit sichtlichem Stolz. Jannings war Spezialist für die Darstellung historischer Persönlichkeiten und hatte einen hohen künstlerischen Anspruch an sich selbst. Doch nicht nur der Hauptdarsteller überzeugt in seiner Rolle, auch die übrige Besetzung ist gespickt mit prominenten Gesichtern, bis in die Nebenrollen glänzt der Vorzeigefilm des Reiches mit Prominenz: Neben Ferdinand Marian („Jud Süß“) und Gustaf Gründgens („Faust“) glänzen besonders der relativ junge Werner Hinz (späterer Synchronsprecher für u.a. Gregory Peck) und die vornehmlich für ihre Theaterarbeit bekannte Lucie Höflich als Krügers Frau Sanna.
Blut und Boden. In einem apokalyptisch düsteren, unheilschwangeren Ton setzt sich „Ohm Krüger“ gleich mit mehreren Themen auseinander, völlig offen glorifiziert der Film natürlich preußische Ideale wie eben jenes Prinzip. Die kolonialistischen Buren stehen prototypisch für die Blut-und-Boden-Ideologie, eine stolze Rasse (das Blut), die ihren hart erkämpften Boden verteidigt gegen gierige Eindringlinge. Anlass für den Krieg geben die südafrikanischen Bodenschätze, deren Vorkommen reichlich ist und die englischen Neider anzieht. In höchstem Maße kriegsverherrlichend, doch Krügers Feldzug hat auch philosophischen Charakter. Der Staatsmann erkennt die Unabwendbarkeit des Schicksals und macht sich seinen Kampf zur Lebensaufgabe. Selbst seine eigene Familie ist ihm weniger wichtig als seine Vision, auf der er bis zum letzten Atemzug beharrt – trotz allem bleibt sein Charakter menschlich durch die nuancierte Darstellung Jannings. Paul Krüger selbst stellt ein historisches Vorbild für den Führer Adolf Hitler dar, ähnlich wie Iwan der Schreckliche für den sowjetischen Diktator Stalin eine Identifikationsfigur war.
In der letzten Szene geht Krügers Leben zu Ende und er beschließt sein Leben mit einem Aufruf zur Revolte gegen das tyrannische England. Dramaturgisch schließt sich die Klammer, welche die Handlungsstränge zusammenhält. Das englische Volk wird in seiner Gänze verurteilt, doch nur der hierarchischen Regierung wird der Kampf angesagt. Bemerkenswert, dass der Staat England als Begründer für die unmenschlichen Konzentrationslager gezeigt wird und diese Vorgehensweise im Film scharf kritisiert wird. Somit begibt man sich bei Interpretationen schnell auf glattes bzw. brüchiges Eis.
Warum gerade England als explizites Feindbild gewählt wurde erklärt sich durch die militärische Gefahr, die von den Briten ausging. Alle anderen feindlichen Länder in Reichweite hatten die Nationalsozialisten bereits eingenommen und bis die USA in den Krieg eingreifen sollten und sich der Krieg endgültig zum Weltkrieg ausweitete, sollte es noch mehr als ein halbes Jahr dauern. Die Vernichtung der europäischen Juden wurde von Hitler zwar bereits mehrfach angedeutet, bei der Veröffentlichung von "Ohm Krüger" im April 1941 standen die Vernichtungslager aber noch in ihren Anfängen. Antisemitismus klingt hier nur sehr selten durch und wenn, dann auch nur sehr subtil.
Werner Hinz wird im Verlauf der Handlung vom überzeugten Gegner ein Befürworter der Politik seines Vaters, als er mit der britischen Politik konfrontiert wird erkennt er die Ausmaße ihrer Gier, weiß von nun an welcher Ideologie er zu folgen hat. Das alles geschieht sehr glaubwürdig und ohne plakative Dirketheit, wirkt aber auf den kritischen Betrachter doch einigermaßen konstruiert. Sehr schön eingebunden ist aber die bäuerliche Herkunft der Krüger-Familie, ein wichtiger Grundpfeiler für die Verbundenheit mit dem einfachen deutschen Landvolk. Identifikationsfiguren zu finden fällt anhand der ausgewogenen Personenkonstellation nicht schwer.
Fazit: Dank hohem Budget, großartigen Schauspielern und einem cleveren, doppelbödigen Drehbuchs gelang Emil Jannings und den Regisseuren ein hochwertiges Drama von beinahe epochalem Ausmaß. Nur wenige Längen stören in der atmosphärisch dicht gezeichneten Handlung und die propagandistische, anti-englische Note wird geschickt übermittelt.
7,5 / 10