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Filme über Stuntleute haben für Filmemacher einen Vorteil: Sie können die dollsten Spektakelszenen in ihre Werke einbauen, notfalls sogar ohne große Einbindung in eine übergreifende Story – der Film-im-Film wird’s schon regeln. Das bekannteste und wohl ambitionierteste Exemplar dieser Gattung dürfte Richard Rushs „Der lange Tod des Stuntman Cameron“ sein, doch der ist nur Teil einer kleinen Welle, zu der auch Mark L. Lesters drei Jahre zuvor entstandener „Stunts“ gehört.
Als programmatisch betiteltes B-Picture beginnt „Stunts“ auch gleich mit einem solchem, am Set des Films im Film. Ein Auto rast auf zwei Rädern durch die Gegend, aus ihm klettert der Stuntman Greg Wilson (Gary Davis) und hängt sich aus voller Fahrt an die Kufe eines Hubschraubers. Doch die halsbrecherische Aktion endet im wahrsten Sinne des Wortes so: Der Karabiner, mit dem sich Greg an einem Seil am Helikopter absichern will, funktioniert nicht, er verliert die Kraft beim Hängen an der Kufe und stürzt in den Tod. Das könnte ein Unfall sein oder gezielte Sabotage, wobei dem Zuschauer schon klar ist, dass gewolltes Handeln dahintersteckt, denn andernfalls gäbe es ja kaum eine Filmhandlung. Außerdem ist ein Alternativtitel: „Who Is Killing the Stuntmen?“.
Anstelle eines Detektivs oder Polizisten ist der Ermittler hier allerdings ein anderer Stuntman: Glen Wilson (Robert Forster), Gregs Bruder, der die Arbeit an einem hochbezahlten Projekt abbricht, um am Low-Budget-Set auszuhelfen, an dem sein Bruder starb. Auf der Fahrt nimmt er die Reporterin B.J. Parswell (Fiona Lewis) als Anhalterin mit, die gerade an einer Story über Stuntleute schreibt, am Set arbeiten lauter Freunde von ihm, da knirscht die Drehbuchschmiere im Gelenk angesichts so vieler Zufälle. Als es weiter unnatürlich viele Unfälle am Set gibt, fühlt sich Glen in seinem Verdacht bestätigt, dass der Tod seines Bruders gewollt war…

Stunt-Action, aufbereitet mit einem Mysteryplot, das ist doch kein schlechter Aufhänger. Dummerweise hat die Whodunit-Komponente bestenfalls Alibicharakter, denn die Ermittlungen durch den Helden sind kaum der Rede wert. Am Ende weiß er von sich aus immer noch nicht wer denn nun der Killer ist, nur ein Last-Minute-Geständnis einer Nebenfigur an eine andere Figur sorgt für Aufklärung. Insofern ist da nicht viel mit Krimispannung, auch wenn der Film eine Menge potentieller Verdächtiger anbietet. Will jemand mehr Publicity für den Film? Sind dem Effektguru Pete Lustig (Richard Lynch) die Sicherungen durchgeknallt? Ist Produzent Alvin Blake (James Luisi) auf einem Feldzug gegen Stuntmen, da seine als Schauspielerin arbeitende Frau Judy (Candice Rialson) diesen schöne Augen macht? Oder schaltet etwa der Neuling, der unbedingt als Stuntman arbeiten möchte, die etablierte Crew aus, damit er einen Platz im Team bekommt?
Viele Verdächtige also, die aber vom Film nie so richtig eingeführt werden, deren Verdachtsmomente nie vertieft werden, während das Ganze vor sich hin plätschert. Dazu gibt es noch eine halbgare, quasi obligatorische Love Story zwischen Glen und B.J., die aber auch nie emotional nachvollziehbar ist, sowie vermeintliche Einblicke ins Leben der Stuntleute. Die haben einen Ehrencode, möchten, dass einer der ihren die Maschinen abschaltet, wenn sie nach einem Stunt nur noch Gemüse sind, und führen seltsame Rituale durch, z.B. dass man das Motorrad eines toten Kollegen eine Klippe runterstützt als letzte Ehre. Gut, der Grund dafür dürfte darin liegen, dass man so mehr Stunts in den Film einbauen kann.

So bleibt „Stunts“ seinem Titel treu, denn davon gibt es immer wieder welche zu sehen, manche mehr, manche weniger gut eingebaut. So artet Trauer schon mal in eine stuntreiche Kneipenschlägerei aus oder eine Mitfahrt wird zum simulierten Autocrash, weil das nach der Logik des Films nun einmal Stuntman-Humor ist. Vor allem sind es aber die Film-im-Film-Kapriolen mit den Autoüberschlägen, den Feuerstunts und den metertiefen Stürzen, die für Schauwerte sorgen und das nicht zu knapp. Denn die Story von „Stunts“ mag eine dünne Folie für die titelgebenden Attraktionen sein, aber in der Hinsicht liefert Mark L. Lester dann auch – das Gezeigte ist definitiv spektakuläre Handarbeit von hoher Qualität. Es ist aber auch programmatisch, dass der Film nach dem Moment, an dem der Schurke in einem furiosen Autocrash verendet, nur noch den Dialog „A very impressive ending.“ – „Just like in the movies.“ zu bieten hat, ehe dann direkt der Abspann rollt.
Mag das Drehbuch von Dennis Johnson und Barney Cohen nicht das beste Material sein, mit dem Lester arbeiten kann, so kann er sich wenigstens auf seinen Kerniger-Kerl-Hauptdarsteller Robert Forster verlassen: Der hat Ausstrahlung, auch wenn er nicht allzu sehr gefordert ist. Richard Lynch ist auch immer für eine zwielichtige Rolle gut, als Stuntkollegen Glens machen Bruce Glover, Joanna Cassidy und Ray Sharkey ebenfalls einen soliden Job, der Rest ist meist kaum der Rede wert. Das gilt leider auch für Fiona Lewis, deren Reporterrolle vom Script eh vernachlässigt wird und die dazu noch recht blass agiert.

Wer also Stunts sehen will, der kriegt sie in „Stunts“ auch serviert, in regelmäßigen Abständen, waghalsig und meist recht gut gefilmt. Dummerweise dienen die Filmdreh-Handlung und der Whodunit-Plot bloß als dürftige Verknüpfung der Spektakelszenen, sodass man „Stunts“ als geneigter Actionfan durchaus mal wegsnacken kann, aber nicht viel davon mitnimmt.

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