Review

Für Elise...


Ob die Mondscheinsonate, "Türen der Wahrnehmung" von Hildegard Westerkamp, oder das Burroughs-Gedicht zur "technologischen Psychiatrie" (aus dem "Naked Lunch"), "Elephant" setzt Musik und Sprache bewusst als Dissonanz ein und bleibt dennoch bis zum Schluss von einem ideologischen Realismus getragen, der bewegt, schockiert, nachdenklich Angst macht. Ich habe jedenfalls gezittert als der Abspann lief: die beiden Täter faseln was von "Spaß haben" und küssen sich beim gemeinsamen Duschen zum wohl ersten und einzigen Mal in deren beider Leben. 
Auch vor sexistischen Anorexie-Klischees wird nicht zurück geschreckt und alles an der pluralistischen Schule geht ziemlich ruhig und geordnet seinen Gang - was den späteren Terror als kurz aufflackernden Lärm der die Räume leerfegt, wo es vorher zwischen den Pausen bloß die Korridore waren, noch verstärkt. Soll heißen: ein gewisser Zynismus wird doch intendiert sein. Und der kann als billig empfunden werden, muss es aber nicht, während ein Schlendern durch die Zeit an einem eben nicht ganz gewöhnlichen Tag an einer High School das Geschehen dominiert.

Die Gewaltdarstellung ist an Beiläufigkeit kaum zu überbieten, die Waffen kommen aus dem Versandhandel, und obwohl er auch ein Videospiel zeigt, diffamiert der Film dieses ästhetisch nicht: in seiner weißen Gestaltung wirkt es eher wie eine Installation, die zwar das spätere Gewaltgeschehen schon vorweg nimmt, aber auch nicht unbedingt vorzeichnet. Hitler läuft auch einmal im Fernsehen, aber als so wichtig erscheint der ebenfalls nicht.
Dafür ergeht immer wieder ein fragender Blick in den Himmel, einem gemäß dem Lärm in der Schule bedrohlichen Himmel: was geschieht hier auf Erden eigentlich?
Nachhaltig beeindruckend auch wie der Film den Alkoholismus eines Vaters darstellt und wie nicht vorhanden die Eltern der Täter in deren Szenen sind. "Elephant" mag sowohl kein Film sein der Antworten liefert, als auch keiner der wirkliche Fragen stellt. Geschweige denn die "richtigen" - dennoch hat sich das Thema School Shooting damit filmisch wohl ein für allemal erledigt.

Rating 9.0

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