Review

Zwei Jahren sind vergangen seit Tim Burton mit seinem ersten reinen Mainstream Film, Planet der Affen, nicht nur künstlerisch sondern auch finanziell gescheitert ist. Umso mehr dürfte es für ihn, ebenso wie für seine Fans, eine unglaubliche Erleichterung sein, das sein neuer Film "Big Fish" in eine komplett andere Richtung geht. Zwar ist auch "Big Fish" ein Film, der sowohl die "alten Fans" von Tim Burton, als auch die breite Masse der Kinozuschauer begeistern dürfte, aber er ist doch viel mehr als man erwarten konnte.

Dabei lässt sich "Big Fish" nur schwerlich in eine feste Kategorie einordnen. Zu viele Einflüsse und Genres vermischt Burton hier, vom Märchenfilm über Fantasy, Komödie bis hin zum Drama ist alles vertreten und vermengt sich doch zu einer homogenen Masse, die nie zusammengestückelt wirkt. Am ehesten ist es aber ein Film der in Form eines Märchens über einen Märchenerzähler erzählt. Dieser Märchenerzähler ist Edward Bloom . Sein Leben lang hat er seine Mitmenschen mit fantastischen, unglaublichen Geschichten über sein Leben begeistert, nur sein Sohn hat sich von ihm abwendet, ist es ihm doch nie gelungen den Menschen hinter all diesen Geschichten zu entdecken. Trotzdem kehrt er nach dem sein Vater im Sterben liegt mit seiner Frau aus Paris zurück in das elterliche Haus, wo sein Vater noch immer ganz der alte ist. Die letzten Tage im Leben seines Vaters versucht Will mehr über seinen Vater zu erfahren.

Bis Will am Schluss endlich erkennt wer sein Vater wirklich ist und was ihn zu einem so besonderen Menschen macht erzählt Tim Burton in Rückblenden die Geschichten und Geschichte von Edward Bloom. Angefangen bei seiner schon nicht gewöhnlichen Geburt, über die Begegnung mit einer Hexe in jungen Jahren die ihm offenbart wie er sterben wird, die Freundschaft zu einem Riesen, seine Begegnung mit einem Zirkusdirektor der bei Vollmond zum verspielten Werwolf wird, seiner Flucht mit siamesischen Zwillingen während des Koreakriegs aus Korea, er erzählt von einer Stadt die dem Paradies nahe kommt und davon wie Edward seine große Liebe für sich gewinnen konnte.
Diese Geschichten strotzen nur so vor unglaublichen Einfällen und fantastischen Ideen. Fast gewinnt man den Eindruck Burton hat in diesen Film alle s an Kreativität und Einfallsreichtum gesteckt was sich schon während den Dreharbeiten von "Planet der Affen" aufgestaut hat. Dabei ist "Big Fish" von der ersten Minute an mitreißend erzählt, auch wenn der Film etwas Zeit benötigt um in Schwung zu kommen. Burton zeigt zwar in gewisser weise eine Art best of seiner bisherigen Filme, aber dies gelingt ihm mit einem so unglaublichen Charme, das man, sofern man sich auf den Film einlässt, nach einer kurzen Eingewöhnungsphase, von dessen Atmosphäre und Stimmung gefangen genommen wird und sich für 2 Stunden bestens in die Welt von Edward Bloom, beziehungsweise die Welt von Tim Burton, fallen lassen kann.

Es gibt düstere Sequenzen, die ein wenig an „Sleepy Hollow“ erinnert, so etwa wenn Edward der alten hexe begegnet oder in einem dunklen düsteren Wald von den Bäumen bedrängt wird, es gibt Szenen voller Witz und liebherzigem Humor, genauso wie Burton Szenen zeigt die zu tiefst traurig sind, wie etwa der großartige Schluss, in dem Will endlich die Macht der Phantasie erkennt und seinem Vater in einer ergreifenden Szene die Geschichte seines Todes erzählt und ihm somit den Tod erleichtert.
Ähnlich fantasievoll wie die Geschichten sind die Figuren die in ihnen vorkommen. Sie alle sind unglaublich liebenswert und doch herrlich skurril. Und wenn sich am Ende all die Figuren, die man zuvor 2 Stunden lang bewundern und bestaunen durfte versammeln um dem Menschen der ihnen durch seine Geschichten etwas von Unsterblichkeit gegeben hat, zum Abschied begleiten, bzw. auf seiner Beerdigung erscheinen und sich somit wieder einmal bewahrtet, das in jeder noch so unwahrscheinlichen und unglaubwürdigen Geschichte ein Fünkchen Wahrheit steckt, dann ist das eine der ergreifendsten und bewegendsten Szenen seit langem im Kino. Natürlich kann man Burton vorwerfen, das er hier etwas dick aufträgt die Grenze zum Kitsch überschreitet, aber man nimmt es ihm nicht übel, wie könnte man auch, erzählt Burton doch zuvor eine Geschichte die schon so viel größer als das Leben ist, das man ihm auch die Übertreibung in diesen Letzten Szenen einfach nicht übel nehmen kann. Zumal man dem Film einfach anmerkt das Burton mit der Geschichte des Edward Bloom in gewisser Weise auch seine eigene Geschichte erzählt, begeistert er selber doch seit Jahren die Menschen mit seinen fantastischen Geschichten.

Unterstützt wird er dabei von einer wahren Schar an erstklassigen Schauspielern. Angefangen von Albert Finney als im Sterben liegender Edward Bloom über Ewan McGregor als junger Edward bis zu Jessica Lange als Edwards Frau und Wills Mutter, der von Billy Crudup gespielt wird. Dazu kommen noch Schauspieler wie Steve Buscemi der als Dichter Norther Winslow immer wieder den Weg von Edward kreuzt, Danny DeVito als Zirkusdirektor, Helena Bonham-Carter als Hexe und den 2,20 Meter großen Matthew McGrory, der als Riese Edward begleitet. Sie alle spielen mit sichtlicher Freude und Begeisterung.

"Big Fish" bietet neben der faszinierenden Story und den großartigen Schauspieler auch einmal mehr ein Film von Tim Burton, der mit einer unglaublich liebevollen Ausstattung und einem grandiosen Setdesign aufwarten kann. Burton verzichtet dabei nicht auf Effekte, stellt diese aber nie in den Vordergrund. Einzig der am Computer noch vergrößerte Matthew McGrory fällt etwas aus dem Rahmen, da die Effekte hier doch einen etwas schlampigen Eindruck machen. Der Rest ist aber einfach nur ein Fest für die Augen. Da wurde an nichts gespart, egal ob man eine perfekte Kleinstadt präsentiert bekommt, einen düsteren "Zauberwald", oder ein ganzes Narzissen Feld, das nicht etwa am Computer entstand sondern eigens angelegt wurde. Auch Danny Elfmann hat einmal mehr einen wundervollen Score gezaubert, der sich perfekt mit Burtons Bildern verbindet.

Bei allem Lob und aller Begeisterung über "Big Fish" gibt es aber doch auch einige, wenige Kritikpunkte. So ist neben dem schon erwähnten Computer Effekten, insbesondere zu erwähnen, das man doch eine gewisse Zeit braucht sich auf den Film einzulassen, da einen die Bilder trotz aller Schönheit zunächst doch eher kalt lassen. Doch das sind Punkte die man aber getrost vernachlässigen kann. Insbesondere da Burton reichlich Gelegenheit bietet um sich von diesen ablenken zu lassen.

Man muss schon eine gewisse Begeisterung für diese Art Film mit bringen um "Big Fish" vollends genießen zu können, man darf sich nicht an Kitsch stören und man sollte sich auch nicht von einer Geschichte abschrecken lassen, die eigentlich nicht viel erzählt , das was sie erzählt aber in grandiosen Bildern präsentiert, die man noch lange im Gedächtnis behalten wird. Tim Burton ist mit diesem Film jedenfalls wieder auf dem richtigen Weg und dürfte somit alle Fans versöhnen. Mir zumindest hat der Film eine unwahrscheinliche Freude bereitet, da er doch einen Weg beschreitet, den man im Kino selten sieht, mir fällt spontan jedenfalls nur "Die fabelhafte Welt der Amelie" ein, der mit einer ähnlich fantastischen Story, die irgendwie so unglaublich "bigger than life" ist, unterhalten hat.
8 von 10 Punkten.

Details
Ähnliche Filme