Nach dem „Planet der Affen“-Fiasko hatten viele bereits befürchtet, Burton hätte sein Pulver verschossen, keine Inspiration mehr, wäre nun auch unter die Mainstreamfilmer gegangen. Aber so schnell lässt sich ein Burton nicht abschreiben, er hat aus seinem Fehler gelernt und Big Budget Produktionen erst mal wieder abgeschworen. „Big Fish“ kann man daher fast als Comeback bezeichnen, auch wenn zwischen den beiden Filmen nur zwei Jahre lagen.
Erzählt wird die Lebensgeschichte von Edward Bloom, einem leidenschaftlichen Geschichtenerzähler, der gerne Anekdoten und Episoden aus seinem Leben mit anderen teilt, diese aber auch ganz gerne ein wenig... ausschmückt.
Erzähler des Films ist dabei aber interessanterweise sein Sohn Will, Journalist und vor allem Realist. Als Kind liebte er die Geschichten seines Vaters, doch mittlerweile kann er sie nicht mehr hören, weil er sie als Lügen eines Hochstaplers abstempelt. Jahrelang reden die beiden nicht mehr miteinander, doch als Will hört, dass Edwards gesundheitlicher Zustand sich drastisch verschlechtert, will er die Gelegenheit wahrnehmen um endlich die Wahrheit über seinen Vater herauszukriegen. Doch je mehr er herausfindet, umso mehr muss er feststellen, dass sich Fakten und Fiktion gar nicht so eindeutig voneinander trennen lassen.
Durch diesen Handlungsüberbau ist auch gleich die Struktur des Films gegeben: Die nüchternen Szenen, die sich in der Gegenwart abspielen, bilden den Rahmen für die vor Fantasie, Farbenpracht und skurrilen Charakteren überquellenden Episoden aus Edward Blooms Leben. Gespielt wird dieser von Ewan McGregor, der dieser Figur einen geradezu erfrischenden Optimismus verpasst und somit gleich zu Sympathieträger par excellence wird. Um ihn herum tummeln sich ganze Heerscharen von liebenswürdigen Nebenfiguren: der missverstandene Riese Karl, Steve Buscemi als Poet Norther Winslow, die siamesischen Zwillinge Ping und Jing, Danny DeVito als Zirkusdirektor und Werwolf Calloway, Helena Bonham Carter sowohl als Jenny als auch als Hexe und natürlich Sandra Templeton, die Liebe seines Lebens und Mittelpunkt vieler seiner Geschichten.
Man sieht dem Film an, dass alle Beteiligten, vor allem aber Tim Burton selbst, wirklich Spaß dran hatten, sich so richtig auszutoben. Eine zauberhafte Szene folgt die nächste, sei es die Ankunft in Spectre, die Rückkehr aus dem Krieg, der erste Blickkontakt mit Sandra, bei dem die Zeit stillsteht oder als ganz besonderes Highlight das Pflanzen einer ganzen Wiese voll mit zehntausend gelben Narzissen um Sandra für sich zu gewinnen.
Einigen mögen die Episoden lose und willkürlich zusammengewürfelt vorkommen, doch sind sie alle Puzzleteile eines großartigen Ganzen und arbeiten auf ein wunderschönes, optimistisches und doch zu Tränen rührendes Ende hin, das schließlich alle Fäden zusammenführt.
Wer zu rational denkt oder mit Träumereien überhaupt nichts anzufangen weiß, wem Optimismus ein Fremdwort ist oder nach einem stringenten Handlungsverlauf verlangt sollte sich vielleicht hiervon fernhalten und ein aristotelisches Drama lesen. Wer aber gelangweilt vom Alltag ist und es satt hat, die Dinge immer nur negativ zu sehen, sei ganz herzlich eingeladen auf eine großartige Reise fernab aller tristen Konventionen.
Um es auf den Punkt zu bringen: „Big Fish“ ist eine wunderbare Geschichte über das Geschichtenerzählen an sich, über die magische Kraft der Fantasie und der Träume, das fantastische Werk eines Fantasten.