Mal Hand aufs Herz, können Sie sich Sylvester Stallone als sprücheklopfenden Beverly Hills Cop vorstellen? Als nervende Quasselstrippe, die seine Gegner mit albernen Witzen und nervender Dauerbeschallung zu Tode verbalisiert? Sly hatte mit dieser etwas skurrilen Vision wohl auch seine Probleme, weswegen er das Drehbuch der späteren Eddie Murphy Cop Komödie in ein Skript für einen knallharten, aber kostenintensiven Actionfilm umfunktionierte, was bei den Produzenten auf wenig Gegenliebe stieß. Es folgte die Trennung in "beiderseitigem Einvernehmen" und Stallone verwendete einen großen Teil seiner Ideen für die vom Roman "The Fair Game" inspirierte Story zu seinem 1986 erschienenen Actionkracher "Cobra", der nach Rocky und Rambo zu Stallones drittem Serienfranchise aufgebaut werden sollte. Als Regisseur installierte er wie schon für seinen 300 Millionen Dollar einspielenden Rambo II - Der Auftrag George P. Cosmatos, doch hinter vorgehaltener Hand behielt der damals als schwierig geltende Megastar selbstverständlich das Sagen am Set.
In Stallones ersten Drehbuchentwürfen sind deutliche Abweichungen gegenüber der letzten Endes verfilmten Geschichte erkennbar. So war beispielsweise die Eröffungssequenz nicht im Lebensmittel Discounter sondern in einem gut besuchten Kino mit deutlich mehr zivilen Opfern vorgesehen und der Filmheld sollte eine Freundin spendiert bekommen, die von Psychopathen brutalst ermordet wird. Ein alternatives Ende sieht sogar einen völlig anderen Drahtzieher der "neuen Weltrevolution" vor, der abschließend im Showdown das Zeitliche segnen muss. Nichtsdestotrotz stellt die Filmstory, die wir alle kennen, einen feierlichen Abgesang auf Stallones Einzelkämpfer Image dar. Sie wirkt, als hätte er sich seine Rolle des Selbstjustiz Cops Maria Cobretti, der zusammen mit seinem Partner Gonzales (Reni Santoni) das attraktive Model Ingrid Knudsen (Brigitte Nielsen) vor dem psychopathischen Serienmörder "Nachtschlitzer" (Brian Thompson) und seiner Gang beschützt, sprichwörtlich auf den eigenen Leib geschrieben.
Gegen "Die City Cobra" (deutscher Verleihtitel) wirkt selbst Rambo wie ein Waschlappen. Stallone überzeugt einmal mehr als die One Man Armee schlechthin. Ultracool, stets schwarz gekleidet, mit verspiegelter Sonnenbrille und einem Streichholz zwischen den Mundwinkeln sorgt er mit seinem Schusseisen als Richter, Geschworener und Vollstrecker in Personalunion für Zucht und Ordnung. Die Cobra verhandelt nicht mit Psychopathen, sie räumt diese aus dem Weg und der alles vernichtende sarkastische One-Liner nach einer Exekution folgt postwendend, denn das Verbrechen ist eine Krankheit und Cobra die Medizin. Natürlich fährt Mr. Cobretti keinen normalen Dienstwagen, sondern einen schwarzen 50er Mercury mit Nitro-Antrieb und automatischen Schußwaffen. Wegen seiner effektiven aber auch rabiaten Ermittlungmethoden lieben und hassen ihn seine Vorgesetzten gleichermaßen. Stallones bewusst betriebene, comichafte Heldenüberzeichnung mit eindeutiger Glorifizierung von Selbstjustiz lenkt einerseits geschickt von der streckenweise einfältigen Rahmenhandlung ab und schafft andererseits genügend Platz für jede Menge atemberaubende Action.
Stichwort einfältige Rahmenhandlung: Der Dramaturgie des Streifens hätte es wahrscheinlich nicht geschadet, wenn die Antagonisten mit einer für den Zuschauer greifbareren Motivation als Anarchie & Massenmord ausgestattet worden wären und man die Schlüsselrolle der zu beschützenden Unschuld einer meiner Meinung nach fähigeren Darstellerin als Brigitte Nielsen überlassen hätte. Böse Zungen behaupten, dass Nielsen nur wegen privatem Vitamin B zum baldigen Ehemann Sylvester Stallone den Zuschlag bekam. Während ihre überschaubaren Schauspielfähigkeiten dank begrenzter Screentime in Rocky IV noch einigermaßen verschleiert werden konnten, strapazierte sie in "Die City Cobra" mehr als nur einmal meine Nerven und es gab nicht wenige Momente, in denen ich dem von Brain Thompson erstklassig charismatisch verkörperten Nachtschlitzer gewünscht habe, endlich erfolgreich zu sein. Alle weiteren Akteure agieren grundsolide ohne besonders positiv oder nagativ aus der Reihe zu tanzen, weswegen eine gesonderte Erwähnung nicht unbedingt notwendig ist.
Apropos Action: Hier springt das Herz eines jeden Old-School Krawallkino Sympathisanten vor Freude im Dreieck, denn "Die City Cobra" serviert über die knapp 86 minütige Gesamtspielzeit hervorragend inszenierte Actionkost in Reinkultur. Auf der Speisekarte stehen als Hauptmenü zahlreiche druckvoll realisierte Schusswechsel, temporeiche Verfolgungsjagden sowie handgemachte, spektakuläre Explosionen und der Action Gourmet hat die Qual der Wahl, er darf sich seine persönliche Lieblingssequenz aussuchen. Als Beilage gibt es nostalgisch wirkenden, feinsten 80er Jahre Sound von Jean Beauvoir/Robert Tepper auf die Ohren, der Bild und Ton zu einem wohl bekömmlichen, audiovisuellen Geschmackserlebnis vereint und wer abschließend noch Appetit auf ein Desert hat, wird vom etwas kurzen, aber auch recht brutal geratenen Endkampf zwischen Stallone und Thompson belohnt. Bei all den actionbezogenen Superlativen gibt es jedoch einen kleinen Wermutstropfen zu verzeichnen: Cobra musste leider noch vor Veröffentlichung mehrmals geschnitten werden, um das angestrebte MPAA R-Rating zu erlangen, was bei der ein oder anderen abgehackt anmutenden Szene auch dem Publikum nicht ganz verborgen bleibt.
Die undifferenzierte Pro Stellungnahme zum Thema "Gewalt als Lösung" brachte dem laut vielen Actionanhängern äußerst gelungenen Stallone Vehikel einen schlechten Leumund bei der Fachpresse ein und ist wohl für die ein oder andere eingesackte goldene Himbeere mit verantwortlich. Als Ammenmärchen erachte ich so manche Behauptung, "Die City Cobra" sei ein finanzieller Flop gewesen. Bei allem Respekt, ein Werk das mehr als das 6 fache seines Budgets (25 vs. 160 Millionen Dollar) einspielt, ist alles andere nur kein Flop, denn die Rentabilität eines Projekts ergibt sich durch Gegenüberstellung von Aufwand vs. Ertrag und nicht mit dem Quervergleich von irgendwelchen anderen Filmen. Stallone selbst strebte Ende der 80er Jahre einen Imagewandel an, woraufhin eine bereits geplante Fortsetzung nie realisiert wurde. Ich persönlich sehe in der City Cobra einen kleinen Actionklassiker, der Stallone in Höchstform präsentiert und ungeachtet des nicht gerade ausgeklügelten Plots sowie des überflüssigen Beiseins von Dschungelcamp-Lady Brigitte Nielsen ausgezeichnete, immer wieder gern gesehene Actionunterhaltung bietet. MovieStar Wertung = 7.5 (~8) von 10 Punkte.