Wenige Komiker verfügen über eine solche Bandbreite unterschiedlich gearteter Schaffensperioden wie Jerry Lewis. Manche sehen in ihm den ewigen Partner von Dean Martin, andere den Familienclown der 60er (und Freunde schmerzlich-unangenehmer Filme quälen sich gerne mit Lewis' Output 1970 aufwärts). In der recht unübersichtlichen Auswahl an Auftritten (zwei Filme pro Jahr, manchmal drei) fallen ein paar bemitleidenswerte Werke im Spätherbst der 50er auf, darunter auch: The Sad Sack, oder im harschen Ton deutscher Verleihpolitik - Der Regimentstrottel.
Als das Team Martin & Lewis kein Team mehr war, schien Paramount nicht recht zu wissen, wohin nun mit den beiden. Während Martin anderswo (und erst später) mit überraschendem Schauspiel begeisterte (The Young Lions, Rio Bravo), stolperte sich Lewis durch denselben Klamauk wie die Jahre davor - nur ohne Martin. Schlimmer noch: Auch qualitativ sollte der feixende Part des Ex-Duos bestenfalls auf Sparflamme laufen, in der Hauptsache Geld machen. So basierte die zweite Solo-Produktion mit Lewis auf dem amerikanischen Comic-Strip "The Sad Sack", der es bis dato immerhin schon auf eine 15-jährige Karriere in verschiedenen Zeitungen gebracht hatte, Hardcover-Sammlungen inklusive.
Dass Lewis diesem "Sad Sack" nicht wirklich ähnelt, auch sonst herzlich wenig aus dessen Abenteuern übernimmt, juckt nur kaum bis schwach - vor allem dem nicht-amerikanischen Publikum ist die vermeintliche Vorlage ohnehin völlig unbekannt. Was die Handlung angeht, kopiert man lediglich Muster und Humor des so witzigen Militärgenres, das in den USA spätestens seit Kriegseintritt ab und an mal billig auf die Leinwand gerotzt wurde. Die gezeigte, fast heimelige Atmosphäre im Camp soll natürlich neue Kadetten begeistern, verspricht Abenteuer und Exotik. Dass auch ein "Trottel" wie Lewis hier überleben und zum Sieg beitragen kann, überzeugt da auch die letzten Zweifler. Hurra.
Doch noch gesteht man Lewis keinen eigenen Film zu - zu stark die Angst, er könne das Unternehmen nicht schultern, so ganz ohne Martin, ohne straight man. Als Ergänzung wird der über vierzigjährige David Wayne vorgestellt, Korporal und Aufpasser wider Willen - eben ganz ein Dean. Immerhin: an weiblicher Front präsentiert sich mit Phyllis Kirk eine Frau im Rang eines Majors, die als Psychologin gleich noch Stichworte geben darf, für Lewis wichtig ist. Was zumindest in der Rollenbezeichnung ein - für die Zeit - erstaunlicher Schritt ist, verliert im Drehbuch Hand und Fuß: Nicht nur wird Kirk unentwegt dafür belächelt, sich als Frau in dieser Männerbastion behaupten zu wollen, auch ihren Rang als faktisch Vorgesetzte nehmen die Herren höchstens anstandshalber wahr. Lässt sich vielleicht alles auf die damalige Denkart schieben, schönreden oder ignorieren muss man das aber auch nicht.
Selbst die unvermeidliche Liebesgeschichte mit Hauptdarstellerin Kirk heimst sich David Wayne ein. Doch wo man Martin noch eine schmatzende Romantik andichten konnte, getragen vom Charme des Comichaften, könnte Wayne den halben Film auch ohne Hose herumlaufen und wäre nicht viel unangenehmer. Da wird die Hauptdarstellerin an sich gezogen und an die Wand gedrängt, nach Zwinker-Methodik weichgeklopft, bis auch wirklich jede Milch sauer wird. Dass sich beide sichtlich unwohl fühlen, per se auch keine Chemie dabei entstehen will, hilft vor allem dem, den man eigentlich sehen will: Jerry Lewis.
Denn ohne Zweifel verdankt The Sad Sack seine einzigen Reize Lewis und wieder Lewis. Der tobt sich altbewährt durch den Film und muss keine Konkurrenz fürchten, macht noch das Beste aus den dutzendfach bekannten Wendungen (der Jahreszahl entsprechend sind aus den Nazis böse Araber geworden) und der drögen Auftragsregie eines George Marshall. Einzige, weil obskure Ausnahme: Peter Lorre als Antagonist Abdul, der durch die bühnenhafte Wüste schleicht, als hätte er sich im Studio geirrt. Sieben Jahre später trat Lorre (kurz vor seinem Tod) in einem weiteren Lewis-Film auf - würdevoller inszeniert.
Eine Offenbarung ist der traurige Sack also nicht, mag er auch - im Gegensatz zu späteren Filmen - eine klare Handlung haben, ganz ohne Schmalzfass, ohne Singsang. Noch wirkt das alles ziel- und ratlos, billig produziert, schulterzuckend fotografiert. Dass der Film nicht zehn Jahre vor, sondern kurz nach den bunt-wilden Kassenschlagern mit Dean Martin entstanden ist, lässt sich optisch und inhaltlich nur schwer nachvollziehen. Dass er gerne ein Duo-Film gewesen wäre, Ersatzmann Wayne aber hoffnungslos fehlbesetzt ist, macht das ganze Unterfangen gar ärgerlich... von fragwürdigen Moral- und Weltbildern noch zu schweigen.
3/10