In einer hochproduktiven Schaffensphase, in der er großartige Werke wie "Assault on Precinct 13", "Halloween" und später "The Thing" drehte, für die er zu Recht berühmt wurde, lieferte John Carpenter auch den SF- bzw. beinahe Endzeit-Thriller "Escape from New York" alias "Die Klapperschlange" ab. Entsprechend der Qualität der vorigen und nachfolgenden Werke des Regisseurs waren meine Erwartungen an die "Klapperschlange" recht hoch und wurden völlig enttäuscht - zumal ich bislang kaum negative Stimmen zu diesem Film gehört bzw. gelesen habe. Zu der Enttäuschung trägt sicherlich ein Problem des in den 80er Jahren so populären SF- bzw. Endzeitfilms bei: Hier konnten sich Autoren, Ausstatter und Tricktechniker von jeglicher Realismus-Erwartung ablösen und somit wurde Tür und Tor für haarsträubenden Trash geöffnet. So könnte dieser Film eigentlich auch von einem Regisseur wie dem leider verstorbenen Bruno Mattei stammen, der jedoch zumindest durch asoziale Brutalität, nackte Frauen und andere Schmuddelfilmzutaten zu unterhalten gewusst hätte. Jedenfalls verfällt dieser Trash-Gefahr auch "Escape from New York". Der kalte Krieg war zur Drehzeit spürbar am Brodeln, und so entführt hier eine Horde von Kommunisten das Flugzeug des US-Präsidenten (Donald Pleasence spielt mutig gegen ein schlechtes Drehbuch an). Aber dessen Sicherheitsberater haben sich für diesen Fall warm angezogen, und so steigt der Präsi in eine lustige rote Kugel, mit der er nach dem Aufprall des Flugzeugs auf ein Hochhaus sicher zu Boden kullert. Der Aufprall kann aus Budgetgründen nicht gezeigt werden, sondern ist nur als alberne Computergrafik in irgendeiner Kommandozentrale zu sehen. Hier klafft leider eine große Lücke zwischen großkotziger Erzählung und spärlich vorhandenen Mitteln, um diese darzustellen, womit sich der Film von Anfang an in eine unglaubwürdige Situation manövriert. Bei anderen Carpenter-Filmen wie "Assault" und "Halloween" war das kein Problem, da durch die in der Gegenwart an "gewöhnlichen" Schauplätzen angesiedelte Handlung kein ausstattungstechnisches Brimborium nötig war und man sich ganz auf das inszenatorische Talent von Carpenter verlassen konnte. Hier jedoch häufen sich Endzeitfilm-typisch abstruse Kostüme und Frisuren und es bleibt einem z.B. auch eine Flugszene nicht erspart, in der das vom World Trade Center herabstürzende Flugzeug aussieht wie die Papierflieger, die wir in der Schule bastelten. Bei dem sichtlich geringen Budget erstaunt jedoch die nahezu spektakuläre Besetzung des Films, die mit bekannten Namen nicht spart. Neben Donald Pleasence ist Lee van Cleef in einer ansprechenden Darbietung als abgebrühter Polizeichef, nebenbei bemerkt: die sympathischste Figur in diesem Film, zu sehen. Schlimm dagegen ist Ernest Borgnine, ein Darsteller, den ich schon immer grauenhaft fand, der hier wieder mal Schauspiel mit Grimassenschneiden verwechselt. Adrienne Barbeau spielt hier offenbar nur mit, um jede Menge Dekolleté zu zeigen und Harry Dean Stanton hat mit einer völlig wirren Rolle zu kämpfen. Isaac Hayes gibt einen - natürlich nur im übertragenen Sinne - blassen Bösewicht ab, der mit einem obskuren Struwwelpeter als Diener gesegnet ist. Habe ich noch wen vergessen? Ach ja, Kurt Russell spielt die Hauptrolle mit dem albernen Namen "Snake Plissken", den man in diesem Film gefühlte tausend Mal zu hören bekommt und um den sein Träger ein Getue abzieht wie eine Primadonna: "Nennen Sie mich Snake." - "Nennen Sie mich Snake." - "Nennen Sie mich Snake." - "Nennen Sie mich Plissken". Was soll einem das sagen? Es wird wohl der "Coolness" dienen, diesem seltsamen Schauwert, der mir wohl ein Rätsel bleiben wird, aber diesem trash-trächtigen Typen mit Augenklappe, dicker Wumme (die kaum zum Einsatz kommt) und bunten Leggings offenbar anhaftet. Die mindere Qualität des Drehbuchs zeigt sich schon in dem Dialog zwischen Hauk (Lee van Cleef) und Plissken, als Hauk diesem seine militärischen Verdienste vorliest (weil der Zuschauer diese erfahren soll). Plissken wird diese im Gegensatz zum Zuschauer jedoch wohl schon wissen. Er soll jedenfalls den Präsidenten aus dem von Verbrechern überhäuften New York herausholen, wobei sich immer derselbe Dialog wiederholt: "Snake Plissken? Ich dachte, du bist tot!!!" Toll. Leider ist er nicht tot und so abenteuert "Snake" ohne wirkliche "Action" durch eine Endzeitstadt, deren "Atmosphäre" in den meisten Kritiken so gelobt wird. Es verbleibt aber zwischen Müll und Dunkelheit nur so viel Atmosphäre, wie es bei schrillen Kostümen und Frisuren, schlechten Dialogen und sonstigen Trashfaktoren nun mal eben möglich ist. Gerne wird auch die wie üblich von Carpenter selbst stammende Filmmusik gelobt, die einem jedoch, wenn man z. B. Halloween bereits gesichtet hat, allzu bekannt vorkommt und kaum Neues bietet. Nur mit knallharten Prügeleien, Schießereien und ähnlichem hätte man diesem Film noch richtig Pfeffer geben können, aber da hält sich die Regie bedeckt. Nebst ein paar kleinen Schusswechseln, die längst nicht so explizit werden wie die von "Assault", gibt es einen Ring-, Box- und Stachelkeulenkampf zwischen Kurt Russell und einem lächerlichen fetten Gegner, und am Ende wird noch jemand überfahren. Die ganz lustige Aktion des Präsidenten am Ende sowie die hübsche Schlusspointe verrate ich jetzt nicht (obwohl diesen Film ja ohnehin fast jeder zu kennen scheint), sondern verabschiede mich mit 3 von 10 Punkten.