Maß für Maß; Mittelteil einer unzusammenhängenden Trilogie von Regisseur King Lee und seiner individuellen Erzählweise über die Machenschaften der Polizei mit den Triaden bzw. der dicht gedrängten Wissensvermittlung über die Handhabe des Gesetzes in die eigenen Hände. In jedem der drei Filme, verstärkt noch im Debüt Proud and Confident (1989), der sich nicht scheute, das Reaktionäre mit großen Explosionsbällen zu unterstützen, und auch im Abschluss S.D.U. Mission in Misison (1994) wurde jegliche Diskussion oft mit rein körperlicher Identität und Intensität geführt. Erst die Drangsale von außen, die fehlende Unterstützung beim Nachschlagen im Lehrbuch oder Gesetzestext und schließlich das wenig poetische oder überhaupt nicht lyrisch-symbolische Parieren mit Schusswaffen. Das scheinbar einzige Nützliche, was einen die Ausbildung in Uniform beigebracht hat.
Auch in der Hatract Films Ltd. Produktion No Way Back, der Titel kündigt es nicht nur an, sondern gibt es vor, steht man mit dem Rücken zur Wand, und fällt vom dramatischen bald in den demonstrativen und dort auch deliberativen Genuss der Actionszenen. Die Handlung dabei als formalisierte Oberfläche, als Vorwand für Publikumsbefriedigung. Erst die Gegenüberstellung weitverzweigter Parteien, dann die Auflösung in Pulverrauch und Kugelhagel:
Zu gefährlich für seinen Vorgesetzten Chief David Ko [ Jimmy Lung Fong ] geworden, wird der undercover die Bande um Hung [ Shum Wai ] ausspionierende Ken Lo Tai-keung [ Dick Wei ] in seiner Wohnung von einem halben Dutzend Assassinen getötet. Seine nur knapp das Massaker überlebende Schwester Annie [ Clarol Yeung Ling ] wendet sich schutz- und hilfesuchend an Kens Kollegen und besten Freund Donnie Li Ching-kong [ Max Mok ] von der CID, Yau Ma Tei Section, der eigentlich im Schatten seines Chefs Inspector Ma [ Danny Lee; wie auch Philip Chan als Chief Chan mit Cameo - Auftritt als das gute, aber weitgehend unbeteiligte Gesicht der Obrigkeit gesegnet ] die sichere Karriere vor sich genießen kann, nun aber andere Wege einschlägt. Vor Rache blind lässt er sich gleichfalls von Ko reinlegen und als undercover anheuern, diesmal in der Gang um Cheung Yi [ David Lam Wai ] und Li Yuen [ Lung Ming-yan ], die auch als Sündenböcke für Kens Ermordung herhalten sollen. Durch erbitterten Einsatz kann Donnie in der Hackordnung der Triade aufsteigen, doch die Freundschaft und Loyalität seiner neuen Umgebung und die zunehmend widersprüchlichen Taten seiner bisherigen Bezugsperson Ko verwirren den Heißsporn. Ein gemeinsamer Businesstrip nach Thailand, in der man gleichzeitig hinterrücks mit den ortsansässigen Tiger [ Kwai Chung ] und dem Söldner Ganiya [ William Ho ] in das Gefecht gerät, bringt die erste Erleuchtung.
Anders als befürchtet wird dabei nicht in gar ausdauernd kunstvolle Dialogfiguren verfallen, und hängt auch nicht das große emotionale Drama in den Angelegenheiten vom baldigen Undercover und so Getriebenen im Taumel des Widerstreits drin. Das ganze Thema jenseits der Verzweiflung, vom Schwören ewiger Freundschaft und dem potentiellen Sterben für die Gerechtigkeit wird recht pragmatisch mit dem sicheren Griff in das Genrereservoir angegangen, ohne lange Vorrede und weitere Überlegung, mit Handschlag besiegelt, noch bevor man die Bedingungen wissen will. Ähnlich mit dicht gedrängten Forttrieb ist auch die von Grund auf autoritär gesinnte Handlung gestaffelt, wobei die Monate wie im Zeitraffer vergehen und allenfalls thematisch-atmosphärische Montagen als Mittel der Beeinflussungskunst eingesetzt werden. Die verallgemeinernde Reflexion eines scheinbar ganz normalen Alltags, in der die Triadengeschäfte wie Schutzgelderpressung, Drogendeals, Bestechung und feindliche Übernahmen Teil der Modeerscheinung des Kapitalismus sind; wie eine spezielle proletarische Revolution, die sich nur ein wenig in Mittel und Zweck von den sonstigen Arbeitsdronen unterscheidet, die im Vorspann des Filmes im noch bläulichen Nachtlicht als Pendler auf die Straße und im bald überfüllten Berufsverkehr gen Bürostelle streben.
Ebenfalls im Blaulicht eingefangen werden die kriminellen Begebenheiten und ihr Morast der Bürokratie und Korruption beleuchtet; die Settings derlei erst verbaler, dann schnell physischer und so letztlich letaler Aufeinanderfolgen wandern über Kleinkaschemmen, die wohl Dienststellen darstellen sollen, über dem Gang in die Kanalisation und schließlich über den Umweg eines Abstechers nach Thailand wieder zurück in die Dienststelle. Der Weg ist klar und eindeutig, verzerrt und beschmutzt, sitzt das wahrhaft Böse mit an der Spitze der vereidigten Obrigkeit, was dem Groll gegen die Zustände speziell und die Gegenwart allgemein in umso herberen Gewaltausbrüchen Luft verschaffen muss, um den Zwang von außen abzuschütteln.
Front gegen diese Flut der Knechtung wird erst mit Händen und Füßen und so mit zweckdienlichen Schlägen und Griffen und dann in der Steigerung von Angriff und Verteidigung mit den Großkalibern bezogen. Die Phrasen des Heucheln und Betrügens mit der Kunst des Aufpralls zerstört, wobei nach viel Kleinholzprügelei erst die Reise nach Thailand und seinem mit paramilitärischen Truppen besetzten Niemandsland die Zurückhaltung vorübergehend aufgegeben wird. Tatmensch King Lee selber und seine Choreographen-Schar bestehend aus Ng Min-kan, Ka Lee und Wong Kim-ban sorgen dort für den würzigen Vorgeschmack auf das bleihaltige Finale, lassen Raketenwerfer in die Gegend abfeuern, die Staubbomben zündeln und die Luft mit auseinander gerissenen Hütten und Leibern verschmutzen.
Zwei derartige Motive folgen noch im Anschluss, zwei ähnlich mit dunklen Rhythmus und klassischen Niederschlag gehaltene Shootout - Gestalten in jeweils dem Airport und schließlich dem Polizeirevier, dem unheilvollen Ort heilloser Verschwörung, wobei alle drei Actionszenen aber nicht ganz das Wagnis der Extreme bis hin zur absoluten Dimension eingehen.