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Dies ist die Geschichte von Fritz Haarmann (Kurt Raab), dem Schlächter von Hannover. Er wurde 1924 wegen Mord an 24 Jungen im Alter von 10 bis 22 Jahren zum Tode verurteilt. Da der Kleinkriminelle und stadtbekannte Homosexuelle als Polizeispitzel tätig war, hielt die Polizei lange Zeit die schützende Hand über ihn. In seine Dachgeschosswohnung lockte der psychisch Kranke Ausreißer, Herumtreiber und Heimatlose. Er bewirtete, verführte, missbrauchte und tötete seine Gäste. Das Fleisch der Opfer verkaufte er an eine Gastwirtschaft, Knochen und Überreste versenkte er im Fluss oder verbrannte sie in seinem Ofen. Haarmann selbst meinte zu seinen Taten: „Es können 30 gewesen sein, aber auch 40.“

Ulli Lommels zweite Regiearbeit beschäftigt sich also gleich mit einem der spektakulärsten deutschen Mordfälle überhaupt. Beteiligt ist hier beinahe die komplette Fassbinder-Clique. In Nebenrollen Brigitte Mira, Irm Hermann, Ingrid Caven, El Hedi ben Salem, in einer winzigen Rolle sogar Jürgen Prochnow, der Anfang der 70er erste Gehversuche im Film machte. Rainer Werner Fassbinder selbst tritt als Nebendarsteller auf und begnügt sich in der Rolle des Produzenten. Die Hauptrolle des Mörders Haarmann ist wunderbar besetzt mit dem faszinierenden Glatzkopf Kurt Raab (SATANSBRATEN, WARUM LÄUFT HERR R. AMOK). Jener schrieb auch das Drehbuch zum Film. Raab, selbst homosexuell, verknüpft bei seiner Darbietung des Meuchelmörders die Morbidität mit etwas Verführerischem, verströmt etwas Sanftes wie etwas Tödliches. Ein wunderbarer Schauspieler, der leider zu früh an den Folgen seiner AIDS-Erkrankung verschied.

Haarmann wird also als Homosexueller, Pädophiler, Serienmörder, Vampir und sogar Kannibale dargestellt. Was davon nun tatsächlich der Wirklichkeit entsprach und was bereits Legende ist, sei mal dahingestellt. DIE ZÄRTLICHKEIT DER WÖLFE verarbeitet diesen Stoff weder als Horrorfilm, noch als Psychostudie und erzählt seinen Plot sehr unreißerisch und spannungsarm. Wer diesem ohne Höhen und Tiefen dahinplätschernden Erzählstil, wie er auch bei Fassbinder vorherrscht, etwas abgewinnen kann, sollte sich davon aber nicht abschrecken lassen. Allein die beeindruckende Darbietung Kurt Raabs, dieses dicklichen Nosferatus, ist sehr sehenswert. Alles kann als ziemlich gelungen beschrieben werden, dennoch erliegt man dem Eindruck, dass dem Film etwas fehlt. Sei es ein finaler Paukenschlag, die fehlende nähere Charakterisierung sowohl von Haarmann, als auch seiner Opfer oder das Ausbleiben spannungssteigernder Elemente, es fehlt einfach etwas. So bleibt Kurt Raabs Darbietung beinahe das einzige nennenswerte Highlight des Films.

Spannung: (+)(+)(-)(-)(-)
Blut: (+)(-)(-)(-)(-)
Anspruch: (+)(+)(+)(-)(-)

Fazit:
Fassbinder goes DÄNISCHE DELIKATESSEN. Definitiv einer von Lommels besseren Filmen. Vergleiche zu DANIEL – DER ZAUBERER erübrigen sich.
Das Haarmann-Thema wurde übrigens auch in Fritz Langs M – EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER und DER TOTMACHER mit Götz George verarbeitet.

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