„Scheiße im Trompetenrohr…“
Rolf Olsens („Blutiger Freitag“) dritter St.-Pauli-Film mit Curd Jürgens in der Hauptrolle entstand im Jahre 1970 und ist ein Hybrid aus schlüpfriger Komödie und Kriminalfilm mit gesellschaftskritischem Anspruch. Olsen blickt hinter die Kulissen eines Stundenhotels auf der sündigen Meile Hamburgs und erzählt die Geschichten verschiedener Paare und Einzelpersonen, die sich aus unterschiedlichen Gründen in einer ereignisreichen, schicksalhaften Nachts dort einfinden. Nachdem ein Homosexueller im Bad seines Zimmers ermordet wird, wird Kommissar Canisius mit den Ermittlungen betraut. Fast jeder scheint verdächtig und zu allem Überfluss ist Canisius’ rebellierender Sohn während einer politischen Demonstration ausgerechnet von einem Polizisten schwer verletzt worden und liegt auf der Intensivstation, wo eine komplizierte Herz-Operation an ihm durchgeführt wird.
Olsen thematisiert den Generationskonflikt zwischen Kommissar Canisius und seinem Sohn, kritisiert das brutale Vorgehen von Polizisten gegen Demonstranten und bricht eine Lanze für die aufbegehrende Jugend – ungewöhnlich für einen derartigen Film. Canisius’ Vorgesetzter wird als gefühlskalter Oberarsch dargestellt, dem das Schicksal des Sohnes am Allerwertesten vorbeigeht und dies Canisius auch offen spüren lässt. Jürgens spielt den knorrigen, aber menschlichen Kripobullen einwandfrei und versteht es, seinem Charakter Tiefgang und Ambivalenz einzuhauchen, wenn er einerseits seinem Sohn die Teilnahme an der Demonstration verbietet, andererseits aber zu wissen scheint, dass dessen Engagement durchaus berechtigt ist und fortan die Schattenseiten des Daseins als Gesetzeshüter erfahren muss. Walter Buschhoff mimt den pedantischen Portier, der stets alle Zimmerschlüssel mit dem Bart nach links ans Brett hängt – sehr sympathisch! In weiteren Rollen bekommt man z.B. Thomas Fischer und Brigitte Mira zu sehen sowie einige hübsche Mädels, die rollengerecht blankziehen.
Die eigentliche Handlung ist mit seinen skurrilen Charakteren und schnoddrigen Dialogen sehr humorvoll, doch nach dem Mord überwiegt der ernstere Krimianteil, der zum fröhlichen Mitraten einlädt. Ein actionreiches Finale darf bei Olsen, übrigens gebürtiger Österreicher und keinesfalls ein Fischkopp, natürlich auch nicht fehlen.
Fazit: „Das Stundenhotel von St. Pauli“ ist ein intelligenter Unterhaltungsfilm, keine peinliche Sex-Klamotte. Olsen versteht es einmal mehr, einen hohen Unterhaltungsfaktor mit einem gewissen Anspruch zu verbinden. Leider sieht man recht wenig von St. Pauli (was daran liegen könnte, dass der Film vermutlich ganz woanders gedreht wurde…), aber das ist auch schon der einzige Wermutstropfen. Macht großen Spaß!