Der in hiesigen Gefilden halbwegs unbekannte Regisseur Alexandre Aja liefert mit "Haute Tension" den wohl hochklassigsten Beitrag zum ausgetrampelten Slasher-Genre nach Wes Cravens "Scream" im Jahre 1996.
"Haute Tension", außerhalb Franreichs eher bekannt unter dem Titel "High Tension", bewegt sich erwartungsgemäß auf bewährten Story-Pfaden, definiert dabei jedoch den Begriff Spannung in Anlehnung an seinen Titel durchaus neu.
Selten habe ich in einem Horrorfilm eine fesselndere, unheilvollere und einvernehmendere Atmosphäre erlebt. Die wunderschöne Optik zieht im Zusammenspiel mit der genialen, praktisch ständig präsenten aber niemals aufdringlichen, bedrohlichen Geräuschkulisse den ahnungslosen Zuschauer von der ersten Minute an in ihren Bann - und gibt ihn bis zum spektakulären Finale nicht mehr frei.
Nach eher gemächlichem aber nichtsdestotrotz sehr stimmigem Auftakt konfrontiert "High Tension" den Zuschauer auch gleich mit dem meiner Meinung nach herausragendsten Teil des Filmes: Dem blutigen Treiben im abgelegenen Gehöft.
Hier dürfte jedes Horrorherz höher schlagen, denn eine solch intensive Spannung hat man schon seit vielen Jahren nicht mehr erleben dürfen. Angsttreibend, mit den menschlichen Urängsten spielend sowie auf ungewöhnlich blutige und brutale Art und Weise schlachtend, hat Alexandre Aja es hier in qualitativer Hinsicht den großen Meistern des Genres gleichgetan und ein einmaliges Gruselerlebnis geschaffen.
Mit der Verlagerung des Geschehens auf eine Tankstelle und anschließend in ein abgelegenes Waldstück wird aufgrund der nicht mehr ganz so extrem vorhandenen klaustrophobischen Stimmung der treibenden Spannung ein klein wenig die Luft genommen, was jedoch keinesfalls Langeweile bedeutet. Auch diese beiden Szenarien wurden absolut hochklassig umgesetzt und überzeugen zudem durch klasse Effekte, die im Finale durch eine der wohl krassesten Goreszenen der letzten Jahre gekrönt werden. Selbstverständlich darf natürlich ein wirklich fetter, absolut überraschender Cliffhanger nicht fehlen aber ich will nichts verraten... :)
Wenn man denn meckern wollte, dann könnte man höchstens monieren, daß das Ende ein wenig zu sehr nach "aus-TCM-geklaut" ausschaut aber wirklich stören tut dies nicht. Auch über die seichten lesbischen Einschübe kann man durchaus hinwegsehen...
Neben der technisch hochklassigen Inszenierung, die den Vergleich mit den Meilensteinen des Genres in keinster Weise zu scheuen braucht, überzeugen auch die hierzulande unbekannten, unverbrauchten Darsteller. Cecile de France kann man eine astreine Performance bescheinigen, die im Bezug auf den bereits erwähnten Cliffhanger und die mit ihm verbundenen, notwendigen darstellerischen Fähigkeiten großen Respekt verdient.
Da der Film sich sehr auf ihren Charakter konzentriert, kommen die Nebendarsteller nicht wirklich zum Zuge, verkörpern ihre Rollen jedoch stets glaubhaft. Auf den ersten Blick seltsam anmutende Verhaltensweisen werden sich im Endeffekt nicht als Overacting herrausstellen sondern als wichtiges Teil im blutigen Puzzle :)
In Sachen "Killer" geht "High Tension" einen etwas anderen Weg, als man zunächst erwarten würde. Anders als in nahezu jedem vergleichbaren Film wurde der messerschwingende, personifizierte Tod hier ohne 0815-Totenkopf-Maske auf das Publikum losgelassen, was - je nach individueller Vorliebe - aber durchaus dem Grauen zuträglich ist. Hier ist keine vermummte Anonymität nötig gewesen um einen absolut furchteregenden, gnadenlosen Psychopathen glaubhaft erscheinen zu lassen!
Angesichts der deftigen Gewaltszenen dürfte es "High Tension" bei den hiesigen Zensoren durchaus schwer haben. Es bleibt abzuwarten ob dem Film ein "keine Jugendfreigabe"-Siegel ohne Schnittauflagen verliehen wird...
Fans sollten ohnehin nicht länger warten und schleunigst zu einer ausländischen Fassung greifen - denn "High Tension" ist Pflichtprogramm für jeden Liebhaber des phantastischen Filmes! Technisch brillant, unglaublich packend aus bewährten Zutaten zusammengesetzt ein bluttriefender kleiner Meilenstein!