Review

Spoilerwarnung!
Ca. eine Stunde lang dümpelt der Film dahin: ein widerlich ungepflegter Serienmörder, eine Art gealterte Kreuzung  von Gollum, Ork und den Horrorbabies aus „Brazil“ und „The Brood“ metzelt gemächlich eine Familie nieder, um die Studentin Alex in aller Ruhe entführen zu können. Alex‘ Freundin, Marie, versteckt sich ein ums andere Mal vor dem Unhold, der – gefühlt – einen Großteil der Filmzeit damit verbringt, hellseherisch Maries Gegenwart zu spüren, ihr nachzuschleichen, sie überall in quälender Langsamkeit zu suchen – aber doch nicht zu finden. Das bildet keinen Hinweis auf den folgenden Twist, sondern nervt.

Es dehnt sich so lang, dass wir Zuschauer mehr als genug Zeit haben, uns zu fragen, warum die Lampen im Haus so wenig Licht geben, wieso Marie so lange nicht zur Waffe greift, wie die Befreiung am Ende von Statten gehen soll: während wir entnervt auf einen Fortschritt der Handlung warten, stellt sich plötzlich raus, dass die gertenschlanke, sportliche Studentin Marie und der schlurfende Killer-Golem aus der Freakshow ein und dieselbe Person sind.

Plötzlich kippt der ganze Film in völlige Unglaubwürdigkeit, zumindest mir wurde unmöglich, der weiteren „Handlung“ – die eh keine ist – zu folgen. Denn ich musste grübeln, wie es möglich war, dass Marie in zwei Autos zur selben Zeit fährt, sich selbst verfolgend, in einem davon verunglückt, oder wie sie anfangs in zwei verschiedenen Autos zum Haus der Eltern fahren konnte… (hatte sie insgeheim Hermines Zeitumkehrer?) oder dass sie selbst ihrem männlichen Ego beim Wasserlassen am Urinal zusieht…- na gut, wer während des Gerennes durch den Wald bei Wikipedia recherchiert, kann sich das bei einer „Identitätsstörung“ vielleicht ausmalen – da überrumpelte mich der nächste Überraschungstwist und ich begann, angestrengt Anhaltspunkte für Maries lesbisches Begehren zu suchen:
Alex zufällig beim Duschen zu sehen, im einzigen erleuchteten Fenster im ganzen Haus, oder dass Marie in der Nacht masturbiert, waren keinesfalls klare Hinweise. So abgelenkt, wirkten der Betonschneider im Autofahrer oder die zerzauste Killer-Persona, plötzlich ohne die schicke Baseballkappe, eher unfreiwillig erheiternd.

Auch im Nachhinein zeigt sich, dass der Film, indem er seine irren Twists als Überraschungen präsentiert, genau die Chancen vertut, die die Idee geboten hätte. Statt Marie im Konflikt mit sich selbst zu beobachten, eben wie Gollum, Jekyll/Hyde oder Norman Bates, also ihren Zwiespalt für innere Spannung zu nutzen, eine „gute“ Marie gegen die „böse“ agieren zu lassen, „Es“ gegen „Ich“ beim Kampf um die Oberhand zu zeigen, sah man einfach nur zum 1000sten Mal das altbekannte Muster „Männlicher Triebtäter jagt weibliche Unschuld“ – allein äußere Spannung, noch dazu mit überalterten Klischees: der männliche Pol ist aktiv, fantasievoll, agil, mobil, listig (trotz seines Schlurfschritts); der weibliche Pol wimmert, verkriecht sich passiv, einfallslos, unkreativ“ (okay, bis auf das Aufräumen des Zimmers – das war sehr gewitzt, machte Hoffnung, die sich aber nicht erfüllte).

Maries Kampf gegen sich selbst hätte nur für den Zuschauer sichtbar werden können, ohne dass er Marie selbst zu Bewusstsein kommen hätte müssen: das alte Mittel: der Zuschauer weiß mehr. Auch hätte man nutzen können, dass Marie einerseits die Freundin begehrt, andererseits sich selbst dafür bestrafen will – vielleicht nicht wissenschaftlich korrekt, aber wenigstens unterhaltsam

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