Vor seinem Hollywood-Remake zu "The hills have eyes" machte sich der noch unbekannte Regisseur Alexandre Aja bereits im zarten Alter von 24 Jahren daran, dem durch die Teenie-Welle etwas ins Lächerliche geratene Horrorgenre neue Energie einzuhauchen. Das ist ihm mit diesem ultrabrutalen und spannenden Machwerk gelungen, Eli Roths ("Hostel") der Welt: verbeugt euch vor ihm! Eine klassische Geschichte, die an die Frühwerke von Wes Craven und Tobe Hooper erinnert trifft auf einen Jungmeister, der sein Handwerk versteht.
Die besten Freundinnen Marie (unglaublich gut in ihrer Rolle: Cécile De France) und Alex (Maïwenn Le Besco) machen sich über das Wochenende auf in das Ferienhaus von den Eltern von Alex um dort auf eine Prüfung zu lernen. In der Nacht nimmt das Grauen seinen Lauf: ein Killer ("Menscheinfeind" Philippe Nahon) tötet die Familie von Alex und nimmt sie selbst gefangen. Marie kann sich verstecken und nimmt die Verfolgung auf!
Bereits nach 15 Minuten ist es soweit. Alexandre Aja läßt wie in "The hills have eyes" seinen Killer fast eine komplette Familie auf brutalste Weise dezimieren und nimmt keine Rücksicht vor Kindern. Dem Zuschauer werden jetzt ein paar Dinge klar. Dinge wie "Ich möchte diesen Film ungern zu Ende sehen" und "Jede Form der brutalsten Selbstjustiz ist nun gerechtfertigt". Dies scheint genau der Effekt zu sein, den Aja bei seinem Publikum erreichen möchte und nimmt ihn für die nächste halbe Stunde mit auf eine wilde Verfolgungsjagt, die einem keine Atempause gönnt. Der Verfolger wird zum Verfolgten und umgekehrt. Aus den Lautsprechern ertönt "New Born" von "Muse" und läßt das Herz höher schlagen und man überlegt, warum hat man wohl gerade diesen Song gewählt? Bald soll klar werden, hier ist nichts wie es scheint! Nach einer Stunde straight erzählter Story und absoluter Hochspannung soll doch noch eine große Wendung der Storyline auf uns warten.
Wer schon am Gewaltgrad dieses Filmes einen negativen Kritikpunkt findet (selbst die inzwischen indizierte SPIO/JK-Fassung mußte in Deutschland noch Federn lassen), könnte auch hier Nahrung finden: Der Plot-Twist wirft die Story aus seiner Bahn - wer zu Beginn des Filmes aufgepaßt hat, könnte schon erste Vermutungen gehabt haben zu dem, was nun kommt. Meines Erachtens ist die Wendung gut gelungen und macht diesen Film zu einem echten Leckerbissen, natürlich muß vorangegangenes nun unter einem anderen Gesichtspunkt betrachtet werden. Manch einer könnte hier nun viele Logik-Löcher hineininterpretieren. Wer den Film einfach auf sich wirken läßt könnte so begeistert sein wie schon lange nicht mehr.
Ist die Wendung erst mal vollzogen, erwartet uns ein Schluß, der nur noch zum Großteil gut gelungen ist - aber teilweise auch überzogen und dahingerozt wirkt. Die explizite Gewaltdarstellung wird von Aja nun letztendlich doch zum Selbstzweck mißbraucht, dass in Deutschland nicht hier sondern an anderen Stellen die Schere angesetzt wurde erscheint wie so häufig fragwürdig! Die finale Szene hat dafür eine Wirkung, die unglaublich gelungen ist und uns fassungslos auf der Couch zurück läßt.
Mit High Tension erwartet uns ein kompromissloser, blutiger aber auch intelligenter Horrorthriller. Eli Roth meinte einmal, er macht Horrorfilme damit sich bei dem ersten Date die Weibchen an die Männchen schmiegen können - wenn man es richtig anstelle, käme man noch in der gleichen Nacht zum Schuß! Bei Aja ist die Wirkung leicht anders: mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit denkt mindestens ein Teil der Verabredung nicht mehr an Sex sondern läßt erst einmal fassungslos das Gesehene setzen! Einige Szenen überrollen den Zuschauer nahezu und bilden die Spitzen eines enorm hohen Adrenalinlevels. Haute Tension ist ein in Bild und Ton hervorragend inszenierter und atmosphärisch dichter Film mit einer unglaublich gut spielenden Cécile De France. In meinen Augen ist er noch besser als Ajas Remake zu "The hills have eyes"; dem wird mir wohl aber nicht jeder beipflichten.
An meine kleine, importierte High Tension DVD: Ich verspreche dir, ich lasse nie wieder etwas zwischen uns kommen.
(9 Punke)