Review

Spoilerwarnung

Es kann nur als ein Trauerspiel bezeichnet werden, wie sich „High Tension“, der fast über seine ganze Laufzeit ein geglücktes Revival des Slasher-Films hätte einleiten können, an seiner ach so besonderen Idee einer überraschenden Wendung kaputt geht und so der wohl enttäuschendste Film der letzten Jahre wird. Bis zu der „Wer-hätte-das-gedacht-Nummer“ ist dieser Film ausgesprochen ordentlich. Er ist ansprechend brutal, hat eine gute Kamera, tolle Örtlichkeiten und für meinen Geschmack sehr solide Schauspieler. Die Idee, den Film irgendwo auf dem platten Land Frankreichs mit seiner Trostlosigkeit spielen zu lassen fügt sich zu einem glaubwürdigen ganzen zusammen. Aber dann diese Auflösung. Was soll das? Man hätte die Idee der Persönlichkeitsspaltung ja gerne aufarbeiten und umsetzen können. Aber dann bitte richtig! Was dieser Film mit seiner Wendung nur schafft ist das Aufreißen unglaublicher Plot-holes, die den guten Gesamteindruck des Films zerstören. Mir zum Beispiel gefiel das Intro des Mörders mit dem abgetrennten Kopf im Auto richtig gut. Da wurde klar, dass wir es hier mit einem echten Finsterling zu tun haben. Aber nach der „Auflösung“ frage ich mich, wie diese Szene zu interpretieren ist, da sie ja offensichtlich nicht stattgefunden hat. Ich werde auch lange grübeln müssen, wo die Verletzungen aus dem Autounfall herkommen, der ja aufgrund der Unmöglichkeit, sich selbst im Auto zu verfolgen, nicht stattgefunden haben kann.

Man hätte aus dem Film richtig etwas machen können. Hätte das Team dem Film einen glaubwürdigeren Täter zugebilligt, wäre „High Tension“ ein Slasher weit über dem amerikanischen Durchschnitt geworden. Man hätte aber auch die Idee der Persönlichkeitsspaltung aufgreifen können. Nur dann sollten halt nicht beide Seiten gleichzeitig spielen und dabei Dinge tun, die den geringsten Anforderungen an Logik im Film auf das Schmerzhafteste widersprechen.

Ich war von dem Ende dieses Films so entsetzt, dass ich es nicht glauben konnte. Ich habe auch die oft gegebene Anregung umgesetzt, ihn mehrfach zu sehen. Dadurch wird er aber noch schlechter! Und ich bin nicht gewillt, mir diese Auflösung schön zu interpretieren. Das ist immer noch ein Horrorfilm und nicht Wim Wenders. Und ich bin nicht bereit, mir meinen Kopf zu zerbrechen, damit Alexandre Aja seinen schonen konnte. Die Idee ist nicht schlecht. Aber die Umsetzung eine glatte Frechheit. Ein eine Vernichtung eines ordentlichen Films.

Ich weiß nicht, wie dieser Film irgendein Festival mit einem Preis verlassen konnte. Dass er in Sitges gewonnen hat, verdeutlicht schonungslos, wie schlecht es um dieses Genre derzeit bestellt ist.

Man kann diesen Film nur dadurch ohne Schmerzen konsumieren, indem man nach dem „Erschlagen“ des Wüstlings mit der stacheldrahtumwickelten Keule ausmacht und sich einredet, der Film wäre vorbei. Dann bleibt einem das ganze Elend dieses Machwerkes erspart (gut, man verpasst die Kreissäge, was schade ist). Aber in seiner vollen Länge ist „High Tension“ eine Frechheit, die mit gutem Gewissen gar keinen Punkt verdient hätte.

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