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Die beiden jungen befreundeten Jura-Studentinnen Marie (Cecile de France) und Alex (Maiwenn Le Besco) fahren zum abgelegenen Haus von Alex’ Eltern, um ohne Ablenkung für anstehende Prüfungen lernen zu können. Marie wird von Alex’ Familie sehr freundlich aufgenommen. Doch schon bald kehrt das Grauen in das abgelegene Haus ein : ein unbekannter Mörder (Philippe Nahon) metzelt in der Nacht Alex’ Familie nieder und entführt die verschreckte Alex in seinem alten Lieferwagen. Vom Killer unbemerkt kann sich auch Marie mit einem Messer bewaffnet in den Wagen schleichen – der Beginn einer wilden Fahrt durch die Nacht...

Das Bild wir aufgeblendet, man sieht die Füsse einer noch unbekannten Person und hört eine flüsternde Frauenstimme die gebetsmühlenartig ständig folgenden Satz wiederholt : „Ich lasse nie wieder zu, dass jemand zwischen uns steht...“. Das ist der Auftakt zu einem der verstörendsten, spannendsten und blutigsten Genrebeiträge der letzen Jahre. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so etwas jemals über einen Slasher würde sagen können , aber der Film „High Tension“ ist quasi perfekt !

Es ist noch nicht einmal so, dass Regisseur Alexandre Aja alles anders inszeniert hätte als die vielen anderen Slasher-Regisseure vor ihm. Vielmehr hat er die vielen bekannten Zutaten zu einem homogenen Ganzen vermengt. Das grosse Plus des Filmes ist, dass er gar nicht erst versucht durch belanglose Dialoge pseudo-intellektuell zu wirken, sondern von Anfang an auf Action setzt. Mit einfachen dramaturgischen Stilmitteln gelingt es Aja für fast atemlose Spannung zu sorgen, sei es im Haus von Alex’ Eltern, in der Tankstelle, die der Mörder unterwegs ansteuert, oder im nahegelegenen Wald. Dazu kommen die sehr blutigen Effekte : sie sind tricktechnisch perfekt inszeniert und von einer Härte, die selbst eingefleischte Splatterfans überraschen wird. Es ist gut nachzuvollziehen, dass es in Deutschland keine ungeschnittene Fassung des Filmes gibt (sieht man einmal von der Presse-DVD ab). Abhilfe schafft hier die österreichische MC One DVD, die komplett unzensiert ist. Auch wenn diese DVD über fast keinerlei Bonusmaterial verfügt, lohnt sich eine Anschaffung dieser Version, wenn man die Möglichkeit hat, sie zu bekommen.

Bei der Wahl des Mörders bricht Aja etwas mit den Slasher-Konditionen : es ist weder ein maskierter Unbekannter, dessen Identität vom Zuschauer enthüllt werden muss, noch das mit übermenschlichen Kräften ausgestattete Böse in Menschengestalt, sondern ein dicklicher, cappy-tragender, auf den ersten Blick wenig charismatischer Durchschnittstyp. Und obwohl man das Gesicht des Mörders von Anfang an sieht, tut dies der Spannung keinen Abbruch. Aber : so einfach macht es der Regisseur dem Zuschauer dann auch gar nicht, denn durch eine Handlungswendung (die man allerdings schon vorher erahnen kann !) wird die Identität des Mörders in Frage gestellt. Auch wenn sich durch diesen Twist einige Fragen bezüglich der Logik ergeben, kann die Wendung gefallen.

Zu erwähnen ist die überragende Sound-Kulisse, die den Film zusätzlich trägt: egal ob man die schweren Atemgeräusche des Mörders hört (die wie beim Splatterklassiker „Maniac“ unter die Haut gehen) oder die perfekte Musik-Auswahl. Ausserdem agieren alle Schauspieler unglaublich überzeugend und ihre Handlungsweise sind für den Zuschauer gut nachvollziehbar.

Fazit : trotz der vollmundigen Vorschusslorbeeren (der Film wird als grösster französischer Genrefilm aller Zeiten angeprisen), hat „High Tension“ meine schon hohen Erwartungen noch übertroffen. Aus meiner Sicht hat der Film das Potential ein Klassiker zu werden ! Es wäre schön, wenn es noch mehr solcher Filme gäbe; in vielerlei Hinsicht erinnert der Film an den Independent-Horrorschocker „Kolobos“.

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