Der alte Sturkopf Alvin Straight (Richard Farnsworth) lebt mit seiner Tochter Rose (Sissy Spacek) in einem kleinen Örtchen in Iowa. Er ist längst nicht mehr der Fitteste und kann sich nur noch mit einem Stock fortbewegen. Es wundert nicht, dass Alvin eines Tages in der Wohnung stürzt und von selbst nicht mehr aufstehen kann. Als der Arzt ihn untersucht, stellt er fest, dass Alvin’s Gesundheitszustand extrem schlecht ist. Doch der Arzt beißt bei Alvin auf Granit, denn dieser will sich weder behandeln lassen noch willigt er einer Operation ein. Wohl oder übel muss der Arzt Alvin gehen lassen, gibt ihm aber mit auf dem Weg, dass er sich besser nur noch mit zwei Stöcken fortbewegen sollte.
Das Telefon klingelt. Rose geht ans Telefon und im Nebenzimmer kann Alvin Bruchstücke des Gespräches hören. Nachdem Rose aufgelegt hat, teilt sie ihm mit, dass sein Bruder Lyle (Harry Dean Stanton) einen schweren Schlaganfall hatte. Man merkt, dass die Nachricht Alvin schwer erschüttert hat. Und das obwohl sie seit zehn Jahre zerstritten sind und kein Wort miteinander gewechselt haben. Nachdem einige Zeit vergeht und er diese Nachricht verdaut hat, weiß Alvin was er zu tun hat. Er will seinen kranken Bruder besuchen. Das dürfte problematisch werden, denn sein Bruder lebt in dem Staat Wisconsin. Alvin besitzt keinen Führerschein, die Busse fahren nicht nach Wisconsin und seine Tochter kann ihn nicht fahren. Aber Alvin hat eine Idee, die sein Umfeld nur mit Skepsis aufnimmt. Mit einem Rasenmäher und Anhänger, sowie auch Proviant für den Notfall, will er sich auf die lange Reise nach Wisconsin begeben.
Alvin hat alles was er braucht und nun macht er sich auf den Weg. Doch es wird eine kurze Reise, denn Alvin’s Rasenmäher streikt bereits nach ein paar Kilometern. Die Freunde und Verwandten müssen mit ansehen, wie Alvin samt Rasenmäher in einem Transporter zurückgebracht wird. Es ist ein erniedrigender Anblick. Aber Alvin ist keiner, der so leicht aufgibt. Nachdem er seinen alten Rasenmäher ins Jenseits befördert hat, kauft er sich einen neuen und begibt sich erneut auf die Reise.
Kritik:
David Lynch, der Regisseur, der eher für seine surrealen Filme bekannt ist, kommt sicherlich für Lynch Fans mit einem ungewohnten Film. Die meisten Lynch Filme muss man deuten und analysieren, da sie in der Regel beim ersten Mal sehen nicht wirklich verständlich sind. Ich spiele da auf Filme wie Lost Highway oder Mulholland Drive an (beides sind erstklassige Filme).
Bei The Straight Story gibt es nichts zu deuten. Im Zentrum steht klar Alvin, der zum alten Eisen gehört. Seine Entscheidung mit dem Rasenmäher bis nach Wisconsin zu fahren ist gewaltig. Wenn man diesen zerbrechlichen, alten Mann von der Ferne auf dem Rasenmäher fahren sieht, wirkt es ulkig und tragisch zugleich. Er weiß zwar was und wohin er will, aber keineswegs kann er das Unbekannte ermessen. Der Weg bis nach Wisconsin ist lang und es kann viel passieren. Und es passiert auch viel. Er lernt eine menge verschiedene Leute kennen und dabei erfahren wir Zuschauer mehr über den Menschen Alvin. Anfangs stempelt man ihn als kauzigen, dickköpfigen Menschen ab. Aber später, wenn man ihm zuhört, erfährt man, dass man es mit einem einfühlsamen, klugen Wesen zu tun hat, dem man einfach gerne zuhört.
Das Interessante dabei ist, dass Alvin auch Leute kennen lernt, die ihn auch nach Wisconsin fahren würden. Aber er lehnt ab, da er die Geschichte so beenden will, wie er sie angefangen hat. Das mag für einige Zuschauer sicherlich befremdlich wirken, aber die Reaktion ist für einen Mann in seinem Alter sehr realistisch. Es ist Richard Farnsworth der seiner Rolle Leben einhaucht. Wenn er sich mit seinen beiden Stöcken fortbewegt oder seinen erworbenen Greifarm benutzt, es passt einfach. Toll ist es wenn er seine Geschichten erzählt, denn da wirkt sein Gesichtsausdruck abwesend, seine Augen werden glasig z.B. als er über seine Erlebnisse im Krieg spricht.
Ich möchte auch gern Sissy Spacek hervorheben. Als Alvins geistig zurückgebliebene Tochter Rose ist sie großartig. Sie hat eigentlich nur ihren Vater, ansonsten ist sie einsam. Ihre Kinder wurden ihr weggenommen.
David Lynch nimmt sich die Zeit und erzählt eine sehr schöne Geschichte. Dabei geht er mit dem nötigen Ernst an die Figuren heran und macht sie auch für ein breites Publikum begreiflich. Aber auch wenn es ein Drama ist, ist es mehr herzbewegend als traurig. Die Kamerafahrten sind sehr schön und die Filmmusik ist einfach nur hinreißend.
Fazit:
Einige könnten bemängeln, dass der Geschichte Tempo fehlt. Ich aber finde diese entspannte Ruhe für den Film sehr passend und muss gestehen, dass ich fast vergessen habe, dass Lynch auch solche Filme machen kann (ohne abwertend auf seine anderen Filme zu sprechen).