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Wer nur „Lost Highway“ und Mulholland Drive“ von ihm kennt, wird überrascht sein, dass Regisseur David Lynch auch „normale“ Filme ohne vertrackte Psycho-Puzzles drehen kann. „The Straight Story“ ist – wie der doppeldeutige Titel verrät – ein Film mit einer einfachen, direkten Handlung ohne rätselhafte Zwischenspiele. Der inzwischen verstorbene Westernschauspieler und Hauptdarsteller Richard Farnsworth trägt den Film in seiner letzten Rolle als weiser, aber dickköpfiger Greis souverän und war zu Recht für einen Oscar nominiert.

Zur Story: Der starrköpfige und betagte Rentner Alvin Straight (Farnsworth) erfährt von einem Schlaganfall seines Bruders Lyle (Harry Dean Stanton, „Die Wutprobe“), mit dem er sich vor Jahren verstritten hat. Da sich Alvin mit ihm aussöhnen will, aber aufgrund seiner Sehschwäche keinen Führerschein mehr hat, macht er sich zu dem 500 km-Trip auf – auf seinem Rasenmäher…
Der Film basiert auf einer wahren Geschichte: Der echte Alvin Straight starb 1998.

Während seiner Reise, welche über eine Stunde des Films in Anspruch nimmt, begegnet der hüftlahme Alvin allerlei Menschen, welchen er aufgrund seiner Lebenserfahrung weisen Rat gibt. So preist der kluge Film regelrecht die Familie als wichtigste Institution im Leben, welche aufgrund ihres Zusammenhalts nur schwer zu zerbrechen ist, was bisweilen an den oft zitierten moralischen Zeigefinger erinnert. Doch aufgrund der Nüchternheit mit dem diese Botschaft vorgetragen wird, fällt das kaum ins Gewicht. Auch wirkt Alvin wie ein Fossil aus vergangener Zeit. Denn wenn er mit Cowboyhut am Lagerfeuer sitzt, versprüht dies den letzten Rest an Abenteuer, welcher uns in der heutigen Zeit in dem nicht mehr ganz so wilden Westen geblieben ist. Der große Pluspunkt dabei ist, dass sich „The Straight Story“ zwischen den vielen Stationen auf der langen Reise Zeit nimmt, auch den Charakter dieses zunächst etwas befremdlichen alten Mannes zu zeichnen. Zwischen wundervollen Naturaufnahmen sowie Sonnenauf- und –untergängen findet Alvin den Frieden mit sich selbst auf einer seiner letzten Reisen. David Lynch hält sich bei seiner bedächtigen Inszenierung mit langen Einstellungen ebenso wie sein sonst so unheilsschwanger komponierender Haus- und Hof-Musiker Angelo Badalamenti (er lieferte auch die Musik zu „Lost Highway“ und „Mulholland Drive“) wohltuend zurück und lässt die teils überwältigenden Bilder sowie den Charme seiner Hauptfigur wirken – was gelingt. Badalamenti gelingt ein ruhiger, leicht melancholischer Score, welcher zum Träumen am Lagerfeuer anregt bei einem Blick in die Sterne. Leider kommen dabei die beiden weiteren großen Schauspieler etwas zu kurz: Harry Dean Stanton darf als Alvins Bruder Lyle am Ende gerade einmal 3 Sätze sagen und Sissy Spacek („Carrie“) bleibt als Alvins fürsorgliche und etwas debile Tochter Rose auch etwas blass.

Fazit: „The Straight Story“ ist eine bedächtige, aber weise Liebeserklärung an die ältere Generation. Ein beeindruckender Hauptdarsteller in einem beeindruckend langsamen, aber gerade deswegen schönen und intensiven Film. David Lynch beweist seine Qualitäten auch als geradliniger Geschichtenerzähler mit viel Gespür für zarte Melancholie.

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