Review

"The Naked Prey" direkt mit anderen Filmen zu vergleichen fällt sehr schwer, denn was hier geboten wird ist kurz gesagt eine sehr realistische, wilde Hetzjagd durch die afrikanische Steppe, fernab der gängigen Abenteuerfilm-Klischees und meiner Meinung nach damals seiner Zeit weit voraus.
Das Ganze ist dermaßen spannend und gekonnt in Szene gesetzt, dass dem Zuschauer dabei kaum Zeit zum Luftholen bleibt.

Man sieht dem Film sein Entstehungsjahr 1965 nicht an. Handwerklich ist er auf allerhöchstem Niveau und kann in sämtlichen dargestellten Szenen voll überzeugen. Ob Spielszenen, oder Natur- bzw. Tieraufnahmen: Alles scheint aus einem Guss, der Zuschauer befindet sich aufgrund der beeindruckenden Kameraarbeit voll inmitten des Geschehens.

Zur Handlung: Afrika im 19. Jahrhundert.
Von einem Fort in der afrikanischen Steppe aus bricht ein Safaritrupp auf um Elefanten zu jagen. Dabei begegnen sie einer Gruppe Ureinwohner, die von den Teilnehmern eine Art Wegezoll verlangen. Entgegen aller Überzeugungsarbeit des Safarileiters weigert sich der reiche Geldgeber in seiner Arroganz und Überheblichkeit den Schwarzen etwas zu zahlen. Kurz darauf kommt es zur Konfrontation, wobei die schwarzen Teilnehmer der Safari größtenteils kurzerhand getötet, die Weißen gefangengenommen werden. Im Dorf des Stammes wird ihnen nacheinander auf grausamste Weise der Prozess gemacht.

Regisseur und Produzent Cornel Wilde übernahm auch die Hauptrolle als "The Man", dem Safarileiter. "The Man": schlicht und ergreifend. Mehr Identität braucht er nicht, denn er wird allem entledigt, das auf die westliche Zivilisation, seine eigene Kultur hinweist. Halbnackt wird er zur Beute, von einer Gruppe Eingeborener gejagt auf Leben und Tod. Dabei ist diese Behandlung schon ein Zeichen der Gnade, denn sämtliche anderen Teilnehmer der Safari werden auf grausamste Weise zu Tode gefoltert, was in einigen Szenen sehr drastisch und naturalistisch, doch nie selbstzweckhaft dargestellt wird. Die überwältigenden Landschafts- und Tieraufnahmen stehen einerseits im Kontrast zur Grausamkeit des Geschehens, bilden aber gleichzeitig eine seltsam bedrohliche Einheit, denn die Welt, in die die Großwildjäger und Sklavenhändler hier eindringen beisst so erbarmungslos zurück, wie man sie zuvor geschändet und unterschätzt hat.
Die Eingeborenen sind Teil dieser wilden und ursprüglichen Welt. Bei ihnen gelten andere Gesetze und Riten. Die erbarmungslos dargestellte Elefantenjagd und die darauffolgende Grausamkeit der Eingeborenen mag bei manchen Zuschauern sicher Kontroversen, vielleicht sogar Ablehnung hervorrufen, doch nur so funktioniert "The Naked Prey" als Warnung gegen die skrupellose und respektlose Ausbeutung der Natur aus bloßer Geldgier, denn die Folgen dessen sind unvermeidlich und wie wir heute bestens wissen fordert die Natur auf die eine oder andere Weise ihren Tribut.
Erwähnenswert ist an dieser Stelle noch die kurze "Freundschaft" zwischen "The Man" und einem schwarzen Kind, das er auf seiner Flucht vor Sklavenhändlern rettet und das ihm kurz darauf im Gegenzug auch das Leben rettet. Die beiden bleiben eine Zeit lang zusammen und ihre Freundschaft,
die ohne die gemeinsame Sprache auskommt bildet einen starken Kontrast zum Konflikt zwischen "The Man" und seinen Jägern. Auf berührende Weise wird gezeigt, wie sehr sich Menschen doch gleichen, wenn sie unvoreingenommen zusammentreffen und aufeinander angewiesen sind - gleich ihrer Hautfarbe.
Die hochauthentische Atmosphäre von "The Naked Prey" wird verstärkt durch den Soundtrack aus ursprüglicher afrikanischer Musik, die zum Großteil aus Gesängen und Buschtrommel-Rhythmen besteht. Das Ganze gibt dem Film stellenweise einen halbdokumentarischen Touch, durch den die Handlung dramaturgisch sehr schwer vorauszusehen ist, was dem Zuschauer an vielen Stellen feuchte Handflächen beschert.
Überhaupt erzeugt das fast komplette Fehlen von Dialogen oder zeitgenössischer westlicher Stilmittel, wie Orchestersoundtrack ein bedrückendes Gefühl der Verlorenheit in dieser atemberaubend schönen Wildnis. Stilistisch kommt mir im Nachhinein ein Vergleich mit Mel Gibson's "Apocalypto" in den Sinn. Von einem Vergleich mit der späteren Kannibalenfilm- bzw Mondo-Welle würde ich absehen, denn von reißerischer Darstellung oder Trasheinschlägen ist hier rein gar nichts zu spüren, obgleich die Handlungen sicher Parallelen aufweisen.

Schauspielerisch ist "The Naked Prey" auf allerhöchstem Niveau. Die Identifikation mit der Hauptfigur funktioniert perfekt. Cornel Wilde verkörpert seine Rolle als "The Man" überragend. Er liefert eine große schauspielerische Leistung, denn er schafft es den Film als einzige Identifikationsfigur mehr als überzeugend zu tragen und dem Zuschauer in seiner Präsenz
in Erinnerung zu bleiben. Neben Cornel Wilde wurden auch die restlichen Rollen top besetzt. Keiner der Charaktere wirkt in irgendeiner Art und Weise flach, alle Rollen wurden je nach Anforderung überzeugend und authentisch
mit Leben erfüllt.

Fazit:
Ungewöhnlicher, äußerst realistischer Abenteuerfilm, fern von Klischees, spannend und mitreißend. Cineasten haben meine vollste Empfehlung. Wer den Film noch nicht kennt sollte dringend einen Blick riskieren. Afrika-Liebhaber sollen gewarnt sein, denn der Film bietet neben spektakulären Naturaufnahmen auch einen sehr bedrückenden Unterton und Szenen gnadenloser Grausamkeit.

"The Naked Prey", sowie sein Macher und Hauptdarsteller Cornel Wilde verdienen eine unbedingte Wiederentdeckung, denn dieser Film wird unter heutigen Gesichtspunkten eine Anerkennung erfahren, die ihm damals trotz der Oscarnominierung leider größtenteils verwehrt blieb.

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