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Tesis – neben 8mm der zweite große Thrillerschocker, der sich dem Thema „Snuff“ zuwendet. Schon lange vor Nicholas Cages düsterem Trip in die Niederungen Hollywoods drehte der spanische Regisseur Alejandro Amenabár diesen absolut ebenbürtigen, mitunter sehr sarkastischen Reißer, der durch vielerlei Aspekte überzeugen kann – nicht nur durch eine realistische Auseinandersetzung mit dem Thema.

Die Medienwissenschaftsstudentin Angela (Ana Torrent) widmet sich in ihrer Doktorarbeit dem Thema Gewalt in Medien. Hierzu bittet sie ihren Tutor, ihr aus dem Archiv der Universität beispielhaft gewalthaltige Filme auszuleihen. Am Tag darauf findet sie ihn tot im Filmsaal der Uni, dahingerafft von einem Herzanfall, während er sich einen Film ansah. Sie entwendet das Band und konsultiert ihren Kommilitonen Chemma, der für seine Vorliebe an Horror- und Gewaltfilmen berüchtigt ist. Auf dem Film ist zu sehen, wie eine junge Frau durch einen Maskierten erst misshandelt, dann getötet und zerstückelt wird. Angela fängt an, der Sache nachzugehen, da sowohl Täter als auch Opfer an der Universität (gewesen) sein müssen. Dabei lernt sie einen weiteren Kommilitonen kennen, und bald steckt sie selbst mitten drin, ohne zu merken, dass sie nicht mehr suchen muss...

„Tesis“ ist ein echter Geheimtipp für Thrillerfreunde und Interessierte am härteren Stoff. Zwar ist der Film selbst nicht unbedingt sehr explizit in seiner Darstellung; Regisseur Amenabár weiß genau, wie der Zuschauer tickt und schaut genau im richtigen Moment weg, bevor irgend ein voyeuristisches Bedürfnis, freiwillig oder unfreiwillig, befriedigt wird. Doch auf der anderen Seite baut der Film nicht nur Spannung ohne Ende auf, sondern auch reichlich düstere Atmosphäre, wie man sie auf den ersten Blick gar nicht erwartet hätte, wenn man an eine reichlich bevölkerte, lebhafte Universität als Hauptschauplatz denkt. Die Darstellerriege kann durchweg überzeugen und gerade Fele Martinez als abgebrühter, schwarzhumoriger Horrorfan Chemma (u.a. mit T-Shirts von „Hellraiser“ oder „Cannibal Holocaust“) überzeugt auf ganzer Linie. Die beiden Begriffe abgebrüht und schwarzhumorig treffen übrigens auch auf den Rest des Films zu. Während 8mm auf einer sehr dramatisch-drastischen Schiene fährt und die Betonung auf das Abfallen der Moral eines überforderten Mannes legt, gewichtet Tesis seine Pointen mehr auf Sarkasmus und Querschläger und verführt den Zuschauer wie auch die Protagonisten zur Faszination des Grauens (Alternativtitel), bevor er alle Beteiligten kräftig auflaufen lässt.

Insgesamt also nicht nur ein hoch spannender, intelligenter Thriller mit unangenehmer, aber sehr interessanter Thematik, sondern auch ein mitunter ironischer Beitrag zum Thema Voyeurismus am Grauen. Leider Vermittelt mein "Lieblingsverein" Laser Paradise, der Tesis auf DVD herausbrachte, wieder mal ein vollkommen falsches Bild vom Inhalt des Films. Hier erwartet einen keineswegs explizite Gewalt (und schon gar kein Snuff an irgendwem), sondern feinstes spanisches Kino mit doppeltem Boden und vor allem ohne moralischen Fingerzeig nur in eine Richtung.

Geheimtipp!

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