Auch wenn viele Leute Bavas „Dämon“ nicht viel abgewinnen können: mir hat er ganz gut gefallen!
Die Story um den verstoßenen Fiesling (Christopher Lee), der auf das Familienschloss zurückkehrt, um (tot oder lebendig!) Zwietracht zu stiften und die Angetraute seines Bruders zu verführen, finde ich gar nicht mal übel. Und auch die verschiedenen Affären und Eifersüchteleien unter der Oberfläche der Adelsfamilie sind zwar schablonenhaft, aber interessant mitzuverfolgen. Dies alles verbindet Bava mit den Elementen einer klassischen Spukgeschichte: Auf Schloss Menliff passieren seltsame Dinge, Menschen werden ermordet aufgefunden, Fußspuren führen in die Gruft, fremde Stimmen hallen durch die Hallen – geht ein Geist um? Oder gar... ein Dämon? Und wenn ja, was will er? Kann der fiese Kurt auch als Untoter seine Sadomaso-Affäre mit der knackigen Nevenka (Daliah Lavi) fortführen? Oder gibt es für alles eine ganz andere Erklärung...?
Wie jeder weiß, war Mario Bava ein Meister der Ästhetik, sowohl visuell im Bezug auf Farbgebung, Kamera, Licht und Schatten oder Bildkomposition als auch in der Kombination von Bild und Ton, von Handlung und auditiver Untermalung. „Der Dämon und die Jungfrau“ profitiert von Bavas Können jedoch nicht nur rein ästhetisch (im Sinne etwa von toller Optik als „reinem“ Schauwert), sondern in einem beachtlichen Maß auch atmosphärisch. Gerade die visuellen Effekte, die ausgeklügelte Arrangements der einzelnen Einstellungen sowie der ideal abgestimmte Einsatz der monoton-abwesenden Musik von Carlo Rustichelli sorgen für eine albtraumhaft-schwebende Stimmung, die zumindest in einigen Szenen richtig dicht und fast schon surreal daherkommt. Ein großes Plus des Films, das gleichermaßen für eine kleine Gänsehaut sowie für ein höher schlagendes Cineastenherz sorgt, etwa wenn Daliah Lavi geistig völlig abwesend auf dem Klavier spielt oder der Gesellschaftsraum des Schlosses aus einer genial abgestimmten und ziemlich bedrohlich wirkenden Deckeneinstellung gezeigt wird.
Leider hat der „Dämon“ allerdings einen ziemlichen Nachteil, der die Gesamtwertung trotz aller Ästhetik doch ordentlich nach unten zieht: es gibt fast gar keine Handlung! Ab Minute 20 passiert (gefühlt!) so gut wie gar nichts, außer dass es halt, na ja, spukt eben. Und wenn das dritte Fenster aufgeflogen und Kurt das vierte Mal vermeintlich aus dem Sarg geklettert ist und sich das alles irgendwie ziemlich zieht und wiederholt, dann verfliegt leider auch die letzte Atmosphäre irgendwann und der Zuschauer langweilt sich. Es gibt einfach zu wenige richtig spannende Szenen, kaum Schockeffekte (vielleicht auch zu wenige Leichen!) und irgendwie keine Entwicklung des Geschehens... rein handlungsmäßig hätte man nach dem ersten Viertel des Films zum Finale vorspulen können und nichts verpasst.
Die überraschend sleazigen und absolut sehenswerten Sadomaso-Einlagen, in denen der (bald untote) Kurt die sichtlich erotisierte Nevenka mit seiner Peitsche vermöbelt, stechen als Highlights aus diesem dann doch recht lustlosen Rumgespuke heraus, den Twist am Ende kann man dann jedoch wieder vergessen.
Also, wer sich über Spielfilmlänge einem echten Thrill mit spannendem Geschehen und schockierenden Wendungen aussetzen möchte, ist bei diesem Film sicherlich falsch und sollte vielleicht mal in Bavas „Shock“ reinschauen.
Wer allerdings – wie ich! – Wert auf eine ansprechend ausgetüftelte Optik und auf eine zumindest in Ansätzen surreale Atmosphäre legt und darüber hinaus wegen abgefahrener Gruft-Peitschenspiele auch auf eine nur halbwegs packende Handlung verzichten kann, wird mit Dämon und Jungfrau sicherlich etwas anfangen können. Richtig überzeugt wird er allerdings natürlich auch nicht sein.