Review

Im Netz der Spinne

Paul Verhoeven schiebt sich langsam aber sicher in meine All-Time-Top 5 in der Kategorie der Regisseure. Kein Wunder, möchte man meinen, bei allseits bekannten Knallern wie „Starship Troopers“ oder „Robocop“. Doch es waren in letzter Zeit vor allem eher unter dem Radar fliegende Werke von ihm, wie etwa „Elle“ oder „Flesh + Blood“, die mir zum ersten Mal über den Weg liefen und diesen Status zementieren. „Der vierte Mann“ ist eine weitere Perle dieser Liga. In einem hoch symbolischen und sehr sexy Mix aus Roeg und DePalma, wird die Geschichte eines Mannes erzählt, der Visionen von Tod, Blut und Sex hat. Als er eines Tages eine anziehende (und ausziehende) Blondine kennenlernt, kommt er diesen Träumen und Vorahnungen gefährlich nahe, befindet er sich doch fast wortwörtlich in einem Spinnennetz der Lust und der Gefahr...

„Der vierte Mann“ ist DAS Highlight aus Verhoevens Zeit als Filmemacher in Holland und nimmt schon viel von „Basic Instinct“ voraus. Die Symbolik ist zwar manchmal etwas auf die Nase, doch sie verfehlt ihre Magie und Wirkung nicht. Die Reise Gerards hat traumgleiche Qualitäten - mal feucht und mal alptraumhaft, mal mysteriös und mal gnadenlos brutal. Verhoeven ist hier voll in seinem Element und spielt verführerisch mit Finten, Fouls und Ficks. Man sieht Hollywood quasi vom Sofa aus rot werden und merkt in jeder Sekunde, dass es sich um einen europäischen Thriller handelt. Verspielt, stylisch, heiss. Letzteres vor allem durch eine faszinierende, vielschichtige, rätselhafte Renée Soutendijk. Vollgepackt mit Querverweisen durch die Filmhistorie und die Handlung selbst, lässt sich „Der vierte Mann“ selbst an Filmhochschulen liebend gern blicken. Komplex, verworren, mutig. Verhoevens Sprungbrett nach Hollywood ist noch immer ein Ding ans Kinn, das man am liebsten direkt nochmal gucken möchte, sobald der Abspann ausgerollt ist. Eine Collage aus Neugier, Abhängigkeit und Glauben. Ein Puzzle mit Suchtfaktor.

Fazit: erkenne die Warnungen, deute die Träume, nehme die Vorahnungen ernst... Verhoeven hat mit „Der vierte Mann“ einen der besten modernen „Hitchcocks“ geschaffen, die je aus Europa kamen. Hypnotisierend, fesselnd, packend. Und höllisch erotisch. Voller Zeichen, Wunder und Metaphern. Hollands Hottest. 

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