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B-Picture mit teilweiser Starbesetzung, vertrieben von einem heute wieder existierenden, damals kurz vor dem Bankrott stehenden Studio (Orion Pictures), gedreht von einem Mann auf dem Weg zu kurzzeitig etwas Größerem, ein Schritt nach dem anderen, aus dem kostengünstigen Actionthriller hinein in den Blockbuster und folgend wieder umgekehrt. Folgen tut man hier auch dem Zeitgeist und der Zeitenwende, ein Nachzügler von Gorky Park und Red Heat und Powerplay, chronologisch zumindest, inhaltlich irgendwo dazwischen gelegen. Der Winter kalt, der Krieg noch kälter, Filme nicht bloß mit Spannungsmomenten und Aktionsreichtum, sondern auch politischem Kalkül und Umfeld. Ein kleiner Blick auf den Klassenfeind, das Eindringen in fremde Wohnungen, viel private Bedrohung, bald staatspolitische Bedrängnis. Viel Militär allerorten, Berlin ist noch geteilt, nicht mehr lange, es gibt viel Salut, viel Popanz, die Lockerheit kommt allein durch den Hauptdarsteller hinein:

Trotz des Einsatzes von U.S. Army Green Beret Master Sergeant Johnny Gallagher [ Gene Hackman ] und seiner Einheit als Schutz bei einem Abrüstungsgespräch in West-Berlin gelingt dort ein Anschlag auf den sich dafür aussprechenden US-General Carlson [ Joe Greco ]. Gallagher, der durch Colonel Glen Whitacre [ John Heard ] mitverantwortlich für die Panne gemacht wird, bekommt als Strafe den Auftrag, Army-Sergeant Walter Henke zurück in die Staaten vor ein dortiges Militärgericht zu eskortieren, wird aber bei der Ankunft am Washingtoner Dulles International Airport niedergeschlagen und seines 'Paketes' beraubt; wobei sich in das Land Transportiere als der Kriegsveteran Thomas James Boyette [ Tommy Lee Jones ] entpuppt, und Henke [ Kevin Crowley ] selber längst vor Ort, als Infiltrator in einer Neonazi-Gang in seiner Heimatstadt Chicago ist. Gallagher, der Übles ahnt, wendet sich mit der Bitte um Information und Hilfe an seine Exfrau, Lieutenant Colonel Eileen Gallagher [ Joanna Cassidy ], deren Assistentin Lieutenant Ruth Butler [ Pam Grier ] und den Polizisten Detektive Lieutenant Milan Delich [ Dennis Franz ].

Ein 'Wachhund', ein alter Schnüffler, der bald einer Verschwörung auf die Spur kommt, vorher die lockeren Sprüche, dann der bittere Ernst. Die Lage ist angespannt, eine Patrouille im Walde, ein Schutzkonvoi für die Gesellschaft im Schloss, vom passiven Verteidiger zum aktiven Angreifer. 'Freundschaft und Frieden' mit Schusswaffen, “Kontrollieren Sie auf jeden Fall die Rucksäcke!“, eine letzte Erinnerung, eine vergebliche Warnung. Die Befehlshaber im warmen Umfeld, die Laufburschen im klammen Schnee, unterschiedliche Auffassungen von der Arbeit und allgemein zur Auf- bzw. Abrüstung, zum tatsächlichen Frieden oder einem weiterführenden Krieg.

Gefilmt ist das von Andrew Davis trotz des Mid-Price Budgets von 16 Mio. USD, der Hälfte von bspw. Brennpunkt L.A. oder Black Rain, relativ edel, Auf der Flucht kam nicht von jetzt auf gleich und nicht von ungefähr, die Einstellungen kräftig, aber nicht übermäßig betont gehalten, die Umgebung ausschweifend und wechselnd geraten, die Ausbrüche von Action aus dem Plötzlichen heraus und gleichzeitig vorbereitet, eine Bombe im Kofferraum, die den halben fahrenden Wagen wegsprengt und ihn von der Hauptzufahrtsstraße in die Bäume katapultiert, der Rest wird mit Maschinenpistolen erledigt, mit Rauchbomben, eine militärische Operation, eine terroristische Expertise.

Es gibt verschiedene Standpunkte hierzu, es gibt verschiedene Perspektiven, unterschiedliche Mitspieler mit eigenen Methoden, wird die ganze Angelegenheit von jeder Warte aus betrachtet, aus dem Offenen und Direkten, aus dem Dunklen und Geheimen, “Da zieht irgendwer an ihrer Kette, John.“, es geht weiterführend in die USA. Eine Verpflichtung, ein Patriotismus, eine fähnchenschwingende Welt, ein Söldner für das Vaterland und mehrere Gegenspieler, Kontrahenten auf allen Ebenen. Eine undurchsichtige Welt, eine Zeit im Wanken und im Kippen, alte Werte zählen nicht mehr, neue Organisationen sind am Hervorschießen und am Umstürzen, man weiß weder Freund noch Feind, man kommt nicht hinterher. Eine erste Falle, eine zweite Falle, beide schnappen zu, man ist den Veränderungen gegenüber eingangs verloren, man ist nicht mehr der Jüngste, die Routine allein zählt nicht mehr.

Davis ist ein Handwerker wie Hyams, die Optik ist nicht alles, aber wichtig, die Übersicht des Ganzen, die Gesichter, die Verortung, das Persönliche im Hoch technisierten. Figuren werden beobachtet, von anderen Personen, von der Kamera selber, sie reagieren auf Einflüsse, der Zuschauer als Beobachter, er wird in alle Richtungen mitgenommen, in alle Ecken eingeschleust, von der Oberfläche in das brodelnde Innere, in den Kern der Konspiration. Erzählt wird das als Thriller, mit heimtückischen Angriffen, mit Hierarchien und Bürokratien, die Zuständigkeiten festgefahren, ein Presidio mit mehr Auswirkungen, ein Narrow Margin - 12 Stunden Angst im Weltpolitischen statt im Privaten, eine unliebsame Gleichung, ein Spielball im Geschehen.

Neu ist der rechtsnationale, rechtsradikale Ansatz, die Bildung eines neofaschistischen Untergrundnetzwerkes, das Aushöhlen der eigenen Fundamente, die Konfrontation vor der eigenen Haustür, im eigenen staatlichen Gebäude, der braune Sumpf inmitten normalerweise trockener Gefilde. Anrufe werden getätigt, alte Seilschaften erneut, im Parkhaus durch mehrere Schergen in falscher, vorgeblich polizeilicher Identität aufgelauert. Perestroika und Glasnost hier geografisch eigentlich weit weg vom Geschehen, eine deutliche Pufferzone dazwischen, dennoch Anspielungen und Anspannungen auf beiden Seiten, Verschwörung und Paranoia allerorten, ein Alleingang eines eigentlich getrennten Pärchen, dass sich am besten kennt und nur dem Gegenüber vertraut, allen anderen nicht. Parallel wird das betrachtet und in Augenschein genommen, ein Update des Misstrauens der Politthriller der Siebziger Jahre, mehrere Faktoren im Einsatz, perfekte Tarnungen, private Ermittlungen, ein Stochern im Unsicheren, “Ein großartiger Tag, Amerikaner zu sein.“, ein düsteres Vorspiel für eine aufgehetzte und aufgeheizte Bevölkerung, der Prolog für Spaltung und Bürgerkrieg.

Alte Kriegskameraderie wird hier angesprochen, sich unter das einfache Volk gemischt, die kleinen Staatsdiener, die Leute ohne Lametta an der Brust. Das Proletariat gegen das Militär, von einigen Nebendarstellern geadelt, Jones, Heard, Franz; Hackman spielt in Routine, Cassidy als Ergänzung. Der winterliche Schauplatz von Chicago wird ausgiebig genutzt, Massenproteste am helllichten Tage, ein weitverzweigtes Konstrukt, viele einzelne Abschnitte und Personen, viel Wirbel ohne Weihnachtsstimmung. Blutvergießen in den Bars der Stadt, raus aus Grand Hotel und Oper, rein in die Spelunken. Ein fremd gewordenes, feindlich aufgestelltes Land wird hier gezeichnet, eine Unwirtlichkeit der einstigen Heimat, eine zunehmende Hilflosigkeit, die Antagonisten mit mehr Überzeugung und in Überzahl. Dem amerikanischen Volk selber war nicht nach Schnee im August und Spannungskino, ihm war nach Allein mit Onkel Buck und einer Portion John Candy.








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