Review
von Quatschkopp
Nach der Einsicht in mehrere Besprechungen muß ich wohl doch Stellung für diesen Film ergreifen. Denn er ist eine nicht endende Reise in die Abgründe der menschlichen Seele und kehrt hervor, wozu Menschen auch in einer aufgeklärten Zeit immer wieder bereit sind. Der Film hat m.E. zwar keine reale Vorlage, aber auch heutzutage empfinden Menschen Freude an der Folter und Tötung ihreresgleichen. Das 20. und 21. Jhd. bieten zahlreiche erschreckende Beispiele. Und so erklärt es sich auch, warum in den Besprechungen manche Kommentatoren ihre Erwartung nach Blut, Splatter und Action nicht gestillt sehen und den Vorgang des Überlebenskampfes und Sterbens als langweilig empfinden. Als ob der moralische Kompass völlig außer Kontrolle geraten ist ...
Mich persönlich hat der Film gerade durch die Länge gezogenen Szenen, die die Qual der Leidtragenden verstärkt und herausarbeitet, in seinen Bann gezogen. Man scheint den Schmerz der Opfer mitzufühlen und sitzt dennoch machtlos vor der Leinwand - man möchte die Täter stoppen, aufhalten, ja umbringen, nur um die Opfer zu retten. Doch Haneke kennt kein Mitleid, er fesselt nicht nur die Zuschauer, er nimmt sie mit, zeigt ihre Untätigkeit auf und versucht sie, à la Brecht in den Film einzubeziehen. Man ist angewidert, aber hilflos und muß der Gnadenlosigkeit der Täter zuschauen. Und darin liegt die Stärke des Films - er nimmt den Zuschauer auf die Reise durch die dunklen Seiten der menschlichen Psyche, ohne Ausweg.
Daher 10/10 Punkten