Ein Film, der uns den Spiegel vorhaelt. Hanneke macht dies mit einem einfachen, doch effektvollen Trick: als die geschundene Familie Rache nehmen will, und der Vater einen der Jungen mit einem Gewehr erschiesst, atmet man auf. Jetzt scheint sich das Blatt zu wenden, der Zuschauer erwartet eine Rachestory, wobei die vorher Gequaelten nun grausam zurueckschlagen. So ist die meiste US-Film Unterhaltung: eigentlich ekelhafte Gewalt wird getarnt als "Notwehr" und somit genossen. Haneke aber greift in den Film ein: die Fernbedienung wird zur Waffe, der Film zurückgespult und alles nimmt seinen Lauf, der in der physischen Vernichtung der gesamten Familie endet. Einen besseren, weil psychologisch aufgebauten Film im deutsschprachigen Raum gab es wohl noch nie. Minutenlang sehen wir die geschundenen Opfer im Zimmer herumkriechen, in der Hoffnung, doch das Heft in die Hand nehmen zu koennen und doch noch den Jungen zu entrinnen. Doch Haneke bleibt strikt: hier sind die Taeter diejenigen, die am Ende in die Kamera schauen. Und darin liegt die Genialitaet des Films: der Tater sieht uns an, und bezieht seine Handlungen und unser Zuschauen mit ein. Der Zuschauer hatte eine Wendung erwartet, aber stattdessen wird er zum Mittaeter. Ein genialer, wenn auch schwer verdaubarer Film fuer ein reifes Publikum. Alle anderen werden den Film hassen, weil er quasi Gewalt verherrlicht. Wer jedoch hinter diesen Schleier nicht hindurchsieht, hat den Sinn des Film nicht verstanden. Herausragend.