Ich weiß, ich weiß, eigentlich dürfte man einem Film wie „KZ 09“ keine positive Bewertung zukommen lassen. Als Fan des Exploitation-Genres drücke ich aber mal mehr als beide Augen zu und bewerte diesen Dreck nicht nach seinem Inhalt. Das dieser in höchst bedenklichem Maße historische Fakten reißerisch verfälscht und widerwärtig ausbeutet, liegt in der Natur des Sub-Genres Naziploitation. Nur wenige Filme dieser Gattung wurden realisiert, viele konnten aber einen relativ beachtlichen Erfolg verbuchen und liefen (außer natürlich in Deutschland) international in den Kinos. Die italienischen „Ilsa“-Plagiate sind zumeist nicht mal einen Blick wert, mit Ausnahme vielleicht vom trashigen „SS Hell Camp“. „KZ 09“ von Bruno Mattei ist nicht nur im Oeuvre seines Machers, sondern auch innerhalb des schmutzigen Genres ein echter Höhepunkt schlechten Geschmacks und stimmiger Inszenierung.
Atmosphärisch gelingt es dem untalentierten Regisseur eine erstaunlich dichte und menschenverachtende Stimmung zu erzeugen. Und obwohl es durchaus einige Sequenzen gibt, die mit ihrer hemmungslosen Dummheit nur mehr zum Lachen anregen würden, so bleibt der geneigte Zuschauer doch nicht wirklich amüsiert bei Betrachtung des Films. Ähnlich wie im ersten „Ilsa“-Streifen erzeugen die spärlichen Kulissen und der dreckige Look, kombiniert mit unbeholfener Schnitttechnik, ein fast unbeschreibliches Flair. Selbstverständlich war das Budget niedriger als bei „Ilsa“, Mattei gab sich jedoch produktionstechnisch sehr viel Mühe, achtet auf eine kalte Ausleuchtung und nett hergerichtete Kulissen. Schauspielerisch bewegt man sich natürlich in niederen Gefilden, was soll man anderes erwarten. Dennoch rutscht „KZ 09“ seltsamerweise niemals in die Lächerlichkeit ab, was nicht am Holocaust-Thema liegt. Filme wie „Holocaust 2“ wirken trotz ähnlich gelagerter Thematik einfach nur lächerlich. Spätestens das nüchterne und sehr schön gefilmte Ende (eine Gruppen-Hinrichtung ist zu sehen) überzeugt wieder und lässt es kaum möglich erscheinen, dass ein Film einerseits so krankhaft debil, andererseits so düster und unterhaltsam sein kann.
Mattei suhlte sich schon zuvor mit „SS Girls“ im Sumpf der Naziploitation, doch war der Vorgänger nur ein Erotikfilm mit überall präsenten Hakenkreuzen, so ist „KZ 09“ ein lupenreiner Lagerfilm, mit sämtlichen Klischees dieser Gattung. Doch wer will auf lesbische Aufseherinnen, verängstigte Gefangene, willkürliche Folter, obligatorische Dusch-Szenen und die herrlichen deutschen Sprach-Schnipsel verzichten wenn er sich einen solchen Film ansieht? Schließlich gerät man nicht durch zufälliges zappen an diese fast vergessenen Perlen. Gelungen ist hier auch die Musikuntermalung, zumindest in einigen Szenen. Wie für vergleichbare Filme üblich, finden sich nur wenige Gore-Szenen, darüber hinaus ist die technische Realisation eher bescheiden. Den allgegenwärtigen Sadismus schöpft das Werk aber aus seinen kontroversen Sequenzen und aus den häufigen Demütigungen der Protagonisten. Der Chauvinismus und die Brutalität der SS-Truppen erscheinen an wenigen Stellen erschreckend nah an der Realität, trotz oder gerade wegen der grotesken Überstilisierung und dem humorlosen Grundton.
Wirklich makaber sind die harten Vergasungs-Szenen, wie schon von ManCity beschrieben, mit Blut und Kot beschmiert. Ein ziemlich makabres Wechselbad der Gefühle erwartet den Trash-Fan, denn muss man bei solchen Szenen erstmal schlucken, so gibt es anderweitig wieder mal was zu lachen. Die Story ist auch nicht der Rede wert, reicht allerdings aus, Innovationen erwartet hier keiner. Richtig problematisch wird es jedoch mit der Zuschaustellung des authentischen Bildmaterials aus diversen Archiven. Nicht nur die hier gezeigten Details machen aus „KZ 09“ den härtesten Film seiner Art, meiner Meinung nach ist es aber auch verständlich wenn man aufgrund dieses Faktors das Punkteminimum vergibt. Dafür hat mir aber zu sehr die billige, aber faszinierend ambivalente, Machart gefallen. Langweilig wird der Film kaum und hat stellenweise sogar richtig Tempo, was sicherlich an Nudity, Gewalt und schließlich an einigen sehr obskuren Ideen liegt.
Fazit: Schon heftig, wie unbeschwert man mit dem Nationalsozialismus in Italien umging, bedenkt man die politische Ausrichtung des Staates im Zweiten Weltkrieg. Exploiter wie „KZ 09“ sollten aber auch nicht Gegenstand zu ernsthafter Betrachtungen werden, schließlich handelt es sich um rein kommerziell motivierte Schnellschüsse – außerdem ist der Bekanntheitsgrad dieser Film dermaßen gering, das negative Auswirkungen kaum zu befürchten sind.
Also, Schwamm drüber: 6,5 / 10 – bloß nicht zu ernst nehmen diesen haarsträubenden Wahnsinn.