kurz angerissen*
Knallgelbe Halstücher und andere Farbpigmente, Studiobauten und Matte Paintings, so etwas hat man von einem Mario-Bava-Western durchaus erwarten können. Die Kolorierung und Beleuchtung gibt zumindest verräterische Hinweise auf den Regisseur, der normalerweise völlig andere Genres seine Heimat nennt.
Nicht jedoch hätte man erwartet, ein klassisches Road Movie früher amerikanischer Prägung zu sehen. Ein experimenteller Gothic-Western, vielleicht eine waghalsige Mischung aus Western und Horror, wäre die naheliegende Erwartung gewesen, vielleicht aber auch einen Schritt zu weit gegangen, wenn der Genrewechsel als solcher bereits zu Genüge ein Experiment darstellt. Seinem Sohn und Regieassistenten Lamberto Bava zufolge pflegte sein Vater kein besonderes Faible für den Spaghettiwestern, sondern wusste der amerikanischen Variante mehr abzugewinnen. Da erschließt sich der Wunsch, diesen möglichst authentisch nachzubilden, anstatt seine Reinheit mit einem merkwürdigen Zwitter aufs Spiel zu setzen.
Die Liebe zu der Filmgattung wird in seinem „Ritt nach Alamo“ allerdings nicht deutlich. Zu zäh, ja regelrecht ledrig zieht sich die Handlung dahin, zu unterkühlt bleibt die Inszenierung. Sieht man mal von der recht unterhaltsamen, wenn auch mit Aberdutzenden Klischees bestückten Konfrontation in einem Saloon ab. Inneneinrichtungen sind eben Bavas Ding und selbst in einer staubigen Kneipe schafft er es irgendwie noch, farbliche Signale zu setzen, und wenn er dazu auch mit einem Close-Up auf ein rotes Ass schwenken muss. Ein pennender Barkeeper, ein kantiger Strahlemann von Hauptdarsteller, der mal eben sieben Eier bestellt und ein Tisch, an dem drei Gäste pokern, da ist die Lunte denkbar kurz.
Einmal auf Reisen, versucht Bava, mit gemalten (malerischen) Hintergründen, Eingeborenen-Relikten und anderen Tricks (aufgereihte Indianer-Actionfiguren an einem Berghang beispielsweise) eine spezielle Ästhetik zu bewahren, ohne das klassische US-Westernkino der Marke „Unionstruppen vs. Banditen vs. Indianer“ zu hintergehen. Doch die schmucken Kulissen können kein Ersatz für inhaltliche Spannung sein. Als größter Mangel ist die schwache Charakterisierung der Figuren schnell ausgemacht. Der amerikanische Hauptdarsteller Ken Clark punktet zwar mit markantem Profil, weniger hingegen als Identifikationsfigur. Ebenso wie seine Mitstreiter ist er zur zweidimensionalen Silhouette verdammt. Von den Indianern, die lediglich hin und wieder in Kampfmontur aus dem Gebüsch hüpfen dürfen, ganz zu schweigen.
Das lässt den Geldtransfer trotz allen Verrats, aller Übergriffe und der knochentrocken in Szene gesetzten Liebesgeschichte recht uninteressant wirken. Schade um das vergeudete Potenzial einerseits, für den Regisseur andererseits dürfte „Der Ritt nach Alamo“ eine wichtige Erfahrung gewesen sein.
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