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Zum besseren Verständnis von Mario Bavas „Der Ritt nach Alamo“ sei vorab gesagt, dass dieser Film – obwohl er im gleichen Jahr wie „Für eine Handvoll Dollar“ auf der Leinwand erschien – (noch) kein typischer Italo-Western gemäß heutiger Definitionen war. Wer bei diesem Streifen also wildes Pathos, schmutzige Gewalt und gottverlassenen Zynismus erwartet, wird leider enttäuscht: Bavas irgendwo zwischen Groschenroman und traditionellem US-Western anzusiedelndes Frühwerk gehörte wohl auch 1964 schon zu den eher altmodischen Vertretern des Western und weist daher wenig Gemeinsamkeiten mit dem zur gleichen Zeit aus der Taufe gehobenen Spaghetti-Genre auf.

Das Drehbuch von „Der Ritt nach Alamo“ folgt so auch mehr oder weniger deutlich der Struktur einer idealtypischen Abenteuergeschichte: wir beobachten einen starken und redlichen Helden (Bud), der aus einem beliebigen Grund (Geld, Liebe, Treue) zu einem beliebigen Ziel (Alamo) aufbricht und auf dem Weg dorthin verschiedene lebensgefährliche Abenteuer mit böswilligen Widersachern (Banditen, wildgewordene Soldaten, Indianer) bestehen muss, bevor sich am Ende natürlich alles zum Guten wendet.

Im Bezug auf Handlungsentwicklung und Figurenpsychologie klingt dies natürlich äußerst schlicht und genau so ist es auch. Doch wer Mario Bava kennt, der weiß, dass der italienische Meister es vermochte, auch aus einem auf einen Bierdeckel passenden Drehbuch immer noch ganz große Kunst zu formen – und fast ausschließlich in dieser Hinsicht entwickelt auch „Der Ritt nach Alamo“ seine Qualität!

So ist es fast schon ein Allgemeinplatz, dass der gelernte Kameramann Bava – insbesondere in seinen Horror- und Gruselproduktionen – atmosphärische Dichte allein durch technische Kniffe (etwa expressionistische Lichteffekte, surrealistisch inspirierte Farbgebung oder perfekt abgestimmte Regie- und Kameraarbeit) erzeugen konnte und somit gewissermaßen die Farben, die Lichter und die Orte seiner Filme als zentrale Signifikanten „gruseliger“ Rezeptionssteuerung einsetzte.

Zunächst einmal scheint „Der Ritt nach Alamo“ den in dieser formellen Hinsicht berühmt gewordenen, zu gleicher Zeit entstandenen Werken wie „Blutige Seide“ oder „Der Dämon und die Jungfrau“ ästhetisch in nichts nachzustehen: der Film ist knallbunt, die (im Studio gedrehten) Outdoor- und Nachtszenen wurden hervorragend ausgeleuchtet und auch die Kampf- und Massenszenen (vor allem die grandiose Indianerattacke in einer Schlucht) sind recht spektakulär und kurzweilig. Allerdings bleibt es in diesem Werk dann – und dies ist der Unterschied zu den Horrorwerken Bavas – bei rein ästhetischen Schauwerten: zwar sind alle formellen Elemente fein aufeinander abgestimmt und ergeben ein stimmiges optisches Gesamtbild, irgendeine signifikante Korrespondenz mit dem Handlungsverlauf, der Figurenentwicklung oder der Wirkung des Films auf den Zuschauer hat dieses allerdings nicht.

So sind etwa die Liebesszenen zwischen Bud und Janet in einer wundervoll kitschigen Optik eingefangen, laufen atmosphärisch aber ebenso in die Leere wie viele andere Einstellungen. Und dass die angreifenden Indianer nun ausgerechnet die Signal- und Gefahrenfarbe knallrot tragen, heißt noch lange nicht, dass es der Zuschauer aufgrund dieser Farbwahl nun mit der Angst zu tun bekommt. Einzig die überaus gelungene Darstellung von Buds nächtlichem Einbruch in ein Indianerlager lässt erahnen, zur Generierung welch dichter Stimmung Mario Bava grundsätzlich fähig war.

Es lässt sich also sagen, dass der atmosphärisch dünne und höchstens oberflächlich spannende „Alamo“ lediglich sehr nett anzusehen ist, eine wie auch immer geartete filmische Funktion der durchaus meisterhaften Formgebung allerdings fast völlig abgeht und diese somit auch nur rein oberflächlich für Aufsehen sorgen kann.

Totalästheten auf der einen sowie Groschenromanleser auf der anderen Seite werden diesen Abenteuerfilm somit bestimmt in ihr Herz schließen, etwas genauer hinsehende Filmfüchse dürften sich allerdings zu einer etwas differenzierteren Bewertung gezwungen sehen.

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