Es gibt Filme, die einen während der Ansicht so richtig nervös machen können, weil sie weder wissen, was und wohin sie wollen, noch sich für irgendetwas entscheiden können. "Instinkt" gehört sicherlich in diese Kategorie, denn selten habe ich das Ende eines Films so sehr herbeigewünscht, wie in diesem Fall.
Die vielversprechende Prämisse vom Urwaldforscher, der bei den Affen gelebt hat und dann ein paar Wildhüter (ich lach mich weg, Wilderer und Tiermörder warens, die Säue) tötete und nun auf Hirnerweichung untersucht wird, endet nämlich in einem wirren Gemisch aus Zivilisationskritk, Zurück-zur-Natur, Plädoyer für Gefängnisreformen und der Empfehlung, statt der Karriere doch den Blick für die wichtigen Dinge des Lebens zu bewahren. Das klingt nach Sülze und ist auch so.
Da fängts aber noch gut an, wenn Hopkins aus Afrika nach Amerika verschickt wird, um dort dem karrieresabbernden Cuba Gooding jr. als Aufstiegsobjekt zu geraten. Hopkins Flucht am Flughafen ist schön inszeniert, aber bereits die Szenen mit Gooding zeigen deutlich die Richtung an: hier wird noch einer bekehrt werden, aber mindestens.
Vielleicht hat Gooding nach seinem Oscar-Gewinn auch einfach geglaubt, mit menschelnden Rollen müsse der Staat zu machen sein, auf jeden Fall hängt er sich den Film wie Tom Cruise in "Jerry Maguire", in dem dann ja auch eine Statue für Cuba drin war. Daß der Film erbärmlich und Goodings Leistung kaum oscarverdächtig war, kann man ja noch nebenbei erwähnen. Daß aber Jon Turteltaub, der für Emotional Dramas berühmt-berüchtigt ist, aber derart dick aufträgt, läßt Schlimmes hoffen.
Bevor wir jetzt aber auf unseren Psycho-Tarzan zu sprechen kommen, gerät Gooding erst mal in die Mühlen des US-Justizsystems und landet prompt als Ersatzarzt in der Weggeflippten-Abteilung. Wer da an ein gewisses Kuckucksnest denkt, liegt schon mal richtig, denn fortan mischt sich das Psycho- und Rededuell zwischen den Protagonisten mit dem zu bekehrenden Psychiater, der fortan das Gefängnis und seine Methoden umkrempelt.
Alles schön, aber das wollte ich eigentlich nicht sehen.
In Gang kommt der Film nur dann, wenn Hopkins mit natürlicher Majestät endlich mal die Klappe aufbekommt. Wie locker er Gooding in die Tasche steckt, ist kaum beschreibbar, denn dieser Effekt wird durch die Banalität der zu erzählenden Schicksalsstory vom Gorillaberg gemildert. Hier spielt Hopkins in diversen Rückblicken die Diane-Fossey-Story nach, die bereits im Nebel nach Gorillas suchte. Akzeptanz, Frieden, Ruhe, natürliche Instinkte, das gibt's im modernen Leben natürlich nicht und so macht sich der Forscher bald vollends in den Wald auf, wo der mächtige Silberrücken regiert.
Nicht, daß wir da etwas Neues erfahren würden, aber dann kömmts nach ewiger Filmlänge endlich zum schicksalsträchtigen Massaker mit den bösen Schwarzen. Die haben sich vermutlich gesagt, ehe jetzt nach Weaver und Hopkins noch mehr so aufsässige Nicht-Gorillas durch die Büsche ziehen und Filme draus machen, machen wir gleich die ganze Population platt. Das funktioniert seltsamerweise auch ganz prächtig, weil die Affen extrem lahm sind.
Daß aber einer zurückkehrt, um Onkel Hannibal den Rücken zu stärken (und prompt die Kugel bekommt), wollen wir schon gar nicht glauben. Und das die renitenten Schwarzen, die Sigourney Weaver patent die Fontanelle perforiert haben, den rasenden Rentner nicht nötigenfalls gleich abmeucheln, kommt mir nach zwei Toten und drei Verwundeten auch recht unwahrscheinlich vor.
Das gibt natürlich reichlich Schuldkomplexe und trotzdem hat der Onkel Doktor, der sein Menschsein so langsam wiederentdeckt hat, Erfolg mit seiner Therapie, wenn er nicht gerade von den Gefängniswärtern in seinen Bemühungen torpediert wird. Die können sich auch nicht entscheiden, ob sie nun hilfsbereit oder Arschlöcher sein sollen und tragen nur dem moralinsauren Skript Rechnung. Nach zwei Stunden folgt dann nach Familienversöhnung, Schuldbeseitigung und Arztmenschwerdung, die fiese Tragödie und die Rückkehr des Traumas, komplett mit Urwald-Happy-End, wobei ich gern wüßte, wo der Wald steht, in den sich Hopkins da zurückzieht und wie er da hingekommen ist. Für die Szene, in der sich Gooding zum Schluß glücklich naß regnen läßt, gibt's jedoch die formale Plagiatsklage, wenn mir auch der entsprechende Film momentan entfallen ist.
Was vollkommen fehlt, ist ein wirklich interessantes Duell der Protagonisten, denn Gooding stratzt nicht nur wie ein aufgekratztes Wichtelmännchen durch die amerikanische Psychiatrie (sichtlich fehlbesetzt), sondern hat auch schon beim bloßen Anblick gegen Hopkins verloren. Dafür bekommt er Lektion um Lektion und wenn er sie bekommt, bekommen wir sie auch. Das verursacht das gewisse Kribbeln im ganzen Körper, daß einen liebend gern zur Fernbedienung greifen läßt, um dem süßlichen Schwund ein frühes Ende zu machen, der noch dazu überlang ist.
Wer also mal wieder einen emotionalen Film braucht, der sich noch dazu verdammt kritisch gibt, wird hier vor Rührung sicherlich im Boden versinken. Alle übrigen quittieren diesen peinlichen Versuch der Publikumsbeeinflußung hoffentlich nur mit höhnischem Murren. (3/10)