Anke, gerade mal 18 Jahre alt, ist ein junges Mädchen, das früh ihren Vater verlor. Noch dazu musste sie mit ansehen, wie er sich umbrachte. Das hat sie mit der Zeit zu einem verbitterten Biest mutieren lassen. In ihrer Erinnerung stilisiert sie ihren Vater zum Übermenschen hoch, obwohl er das in keinster Weise war. Vor allem ihre Mutter hat unter der rebellischen Tochter zu leiden. Als erstere sich erlaubt, nach Jahren des Alleinseins wieder mal einen Partner an sich heranzulassen, tickt Anke völlig aus und verlässt die Wohnung. Sie kommt bei Ulf unter, der ebenfalls seinen Vater verlor, allerdings den Vorteil hat, ein reiches Erbe anzutreten. Die beiden freunden sich an und geben sich das Versprechen, mit Ulfs geerbten Boot den ungeliebten Ort zu verlassen und nach Malta zu schiffen...
Ein typisches deutsches Jugenddrama, ähnlich wie „Das Lächeln der Tiefseefische" oder auch „Alaska.de", möchte man meinen. Stimmt in weiten Bereichen auch, doch leider erreicht „Northern Star" nicht ganz deren Qualität.
Das liegt vor allem daran, dass Drehbuchautor und Regisseur Felix Randau glaubt, sich insbesondere bei den Dialogen sehr nahe am Realismus zu befinden. Aber glauben heißt nicht wissen. Hier wäre weniger doch mehr gewesen, denn es ist nicht ungewöhnlich, dass sich eine Teenagerin wie Anke (Julia Hummer, gut wie immer aber langsam für eine angeblich 18jährige doch etwas zu alt) mit dieser Vergangenheit oft gegen die Mutter auflehnt und diese als Feindbild ausgemacht hat. Dies wird hier allerdings doch maßlos übertrieben. Die Form der Beschimpfungen gegenüber ihrer Mutter sind teilweise doch soweit unter der Gürtellinie, dass man sie Hummers Charakter in der Summe irgendwann nicht mehr abnimmt.
Nic Romm als Ulf merkt man deutlich an, dass er hier zum ersten Male vor der Kamera steht, seine Kommentare kommen meistens wie aus der Pistole geschossen und wirken daher sehr einstudiert und keineswegs spontan, wie es wohl gedacht war.
Lena Stolze als Mutter gibt mit Abstand die beste Figur ab, während Dennis Moschito (mir noch bestens in Erinnerung als glänzender Gaby Delgado Verschnitt in „Verschwende deine Jugend") nur ein paar Sätze zu sagen hat und somit deutlich unterfordert ist.
Trotz einiger Längen und an manchen Stellen gespickt mit hanebüchenen Dialogen hat der Film aber doch seine Momente.
Die Stelle, in der Anke ihren Hund umbringt, weil er nicht mit auf die geplante Schiffsreise kommen kann, sie ihn aber nicht dem schlimm verrotteten Tierheim aussetzen will, ist zum Beispiel wirklich rührend in Szene gesetzt. Auch Ankes spontaner musikalischer Auftritt hat mir sehr gut gefallen, aber es sind eben alles nur kurze Abschnitte, die bei „Northern Star" wirklich hervorzuheben sind
Insgesamt kein schlechter Vertreter des deutschen Jugenddramas, mit etwas weniger aufgesetzten Dialogen, etwas mehr Spontaneität und vor allem Tempo im Spiel der Darsteller wäre mehr herauszuholen gewesen, daher gibt es hierfür solide 6,5 Punkte.