Jackson Davis Hammond (Charlie Sheen) hat wirklich nicht gerade das, was man als Glückssträhne bezeichnet. Fälschlicherweise wurde er für ein Verbrechen verhaftet und zu lebenslanger Haft verurteilt, das er garnicht begangen hat. Da Jack aber keine Lust hat, in den Knast zu wandern, ergreift er auf dem Transport ins Gefängnis die Gelegenheit zur Flucht. An einer Tankstelle legt er darauf eine kurze Pause ein, um sich Zigaretten zu holen, doch blöderweise tauchen plötzlich zwei Cops im Geschäft auf. Die Situation eskaliert und Jack nimmt die erstbeste Person, eine junge Frau, als Geisel. Dabei hat er keinerlei Ahnung, dass es sich bei der attraktiven Schönheit um Natalie Voss (Kristy Swanson), Tochter eines der einflussreichsten Männer der USA, Dalton Voss (Ray Wise), handelt.
Mit Natalie's rotem BMW und ihr auf dem Beifahrersitz flüchtet Jack auf dem Highway Richtung Mexiko. Als die Medien von der Entführung Wind bekommen, vermuten sie dahinter natürlich sogleich eine geplante Entführung, um Dalton Voss um sein Vermögen zu erpressen. Dieser wiederum setzt die Polizei gehörig unter Druck, was dazu führt, dass Jack schon bald ein riesiges Polizeiaufgebot und eine Horde sensationslüsterner Reporter im Rückspiegel hat. Während die Medien die Entführung als brutalen Gewaltakt darstellen, lernen sich Jack und Natalie derweil besser kennen und entwickeln irgendwann sogar Symphatien füreinander...
Mitte der 90er hatte das Actionkino schon so manchen Höhenflug erzielt und aus damaliger Zeit war es wahrscheinlich nur schwer vorstellbar, dass Streifen wie die "Stirb langsam" Reihe oder die großartigen "Terminator" Werke jemals getoppt werden können. Betrachtet man aber die heutigen Budgets, wird schnell ersichtlich, dass das Genre eine Wandlung vollzogen hat. Ging es früher noch darum, Inhalte und Geschichten zu erzählen, ist es heute meist nur noch der Schauwert, der dank gewaltigen Geldern bis zum Überfluss zelebriert werden kann. Gerade zu der Zeit, in der Jan de Bont die Kinosäle weltweit mit seinem "Speed" in einen Adrenalinrausch versetzte, erblickte ein recht ähnlicher Film das Licht der Welt. Adam Rifkin's "The Chase" konnte zwar nicht die Klasse des eben erwähnten Mittlerweile-Klassikers erreichen, gehört aber immerhin zu den Höhepunkten in der Karriere des Hauptdarstellers Charlie Sheen und darf ebenso als die wohl beste Arbeit Adam Rifkin's angesehen werden, der sich ansonsten für nichts nennenswertes verantwortlich zeichnete.
Meine Erwartungen an den Film waren eher runtergeschraubt, da ich viele Actionfilme der 90er kenne, die dank ihres geringen Budgets kaum zu Begeisterungsstürmen hinreißen können. Schon nach wenigen Minuten bemerkte ich aber, dass "The Chase" da etwas völlig anderes sein wird. Der Film wirft einen unvermittelt mitten ins Geschehen und lässt einem kaum Zeit, sich langsam ins die Handlung einzufinden. Das jedoch ist auch nicht besonders schwer. Es geht sogleich damit los, dass Jack in einer Tankstelle durch zwei Polizisten in Bedrängnis gerät und bereits hier beweist "The Chase" sein imenses Potenzial für Spannung und Humor. Nach dieser Szene hatte ich jedenfalls zweierlei hinzugelernt. Erstens, dass Schokoriegel bei einer Entführung einen guten Ersatz für eine Schwusswaffe darstellen, und außerdem, dass trottelige Kassierer einem angehenden Entführer nicht gerade eine große Hilfe sind.
So machen bereits die ersten 10 Minuten einfach nur Spaß und stimmen einen optimal auf das ein, was noch folgen soll. Und Adam Rifkin lässt sich wirklich keinerlei Zeit, sondern geht nach der amüsanten Szene in der Tankstelle gleich zu der Verfolgungsjagd auf dem Highway über, welche einen großen Teil des Films ausmachen soll. Dabei ist natürlich klar, dass einem "The Chase" nicht nur 84 Minuten Action nonstop bietet. Ja, ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass wir hier im Grunde genommen keinen reinen Actionfilm haben. Es ist vielmehr ein purer Unterhaltungsfilm mit Elementen des Actionkinos, des Roadmovies, wie auch der Komödie. Den größten Reiz des Ganzen macht aber die Tatsache aus, dass hier zwei völlig unterschiedliche Menschen in eine für sie neue und nicht gerade angenehme Situation geraten, in der sie irgendwie zusammenhalten müssen. Anfangs können sich Jack und Natalie natürlich nicht ausstehen, da sie ihn für einen gefährlichen Verbrecher, und er sie für ein verwöhntes, verzogenes Mädchen Mädchen hält. Was damit endet, dass Jack anfangs eine Begegnung mit einem brennenden Zigarettenanzünder haben muss, endet später darin, dass sich Jack und Natalie sogar näherkommen. Ein heimliches Highlight des Films, soviel sei verraten, ist eine Sexszene auf dem Fahrersitz des über den Highway rasenden Autos.
Bis es soweit ist, darf man sich als Zuschauer auf viele interessante Dialoge und Auseinandersetzungen freuen. Während der Verfolgungsjagd auf dem Highway kommt es auch innerhalb des Wagens zu reichlich Spannung, es ist überaus interessant zu verfolgen, wie Jack und Natalie langsam aber sicher Vertrauen zueinander aufbauen. Dennoch muss nun niemand befürchten, dass "The Chase" zu sehr ins Dialoglastige oder Kitschige abrutschen könnte, denn das ist garantiert nicht der Fall. Zwar empfand ich es als ein wenig unrealistisch, wie schnell Natalie ihr Bild von Jack ändert, doch abgesehen davon fügen sich die Geschehenisse innerhalb des Fluchtfahrzeuges perfekt in die restliche Handlung ein. "The Chase" bietet sehr viel mehr als nur eine Verfolgungsjagd. Genau genommen gibt es hier nicht einmal sehr viele riskante Manöver der Polizei zu bestaunen. Wenn es dann aber mal kracht, dann richtig. Da fliegen die Autos in bester "Alarm für Cobra 11" Manier durch die Luft und es darf durchaus mal ordentlich krachen.
Ganz nebenbei hat es Adam Rifkin sogar noch geschafft, eine Kritik an der Sensationsgeilheit der Medien mit in den Film einzubauen. So sitzen in einem der verfolgenden Polizeiwagen zwei angehende Reporter, die eine Doku über den Polizeialltag filmen wollen und ihr Glück kaum fassen können, als sie von der Geiselnahme hören. Die beiden Cops, die sie interviewen wollten, sind da nicht besser. Der eine ist ein Möchtegern-Rambo, der sich vor laufenden Kameras als Held darzustellen versucht und der andere ist ein ängstlicher Feigling. Rifkin lässt kaum ein gutes Haar an den Medien, so direkt unverblühmt ist die Parodie aus dem Ganzen herauszusehen. Auch die verkommenen, abstoßenden Eltern Natalie's stellen gut dar, wie sehr Geld und Macht einen Menschen ins Negative ändern können. So geht es Dalton Voss weniger darum, seine Tochter heil aus der Sache zu holen, sondern vielmehr, eine gute PR für sich selbst daraus zu machen.
Langeweile kommt zu wirklich keiner einzigen Sekunde auf. Ständig ist was los, gibt es was zu lachen, fliegt etwas in die Luft, oder wird man vom Knistern zwischen Jack und Natalie bei Laune gehalten. Dabei ist "Highway Heat", wie der Film im deutschen Sprachraum heißt, zudem auch perfekt besetzt. Charlie Sheen, der zur damaligen Zeit noch weitaus angesagter war als er es heute ist, passt perfekt in die Rolle des unschuldigen Typen, der unfreiwillig in eine Situation gezogen wird, mit der er kaum umgehen kann. Sheen's Charme reicht voll und ganz aus, dieser Figur glaubwürdiges Leben zu verleihen.
Ihm zur Seite steht eine sexy Kristy Swanson, die schauspielerisch ganz klar mit seinem männlichen Kollegen mithalten kann.
Über die Nebenrollen lässt sich ebenso nicht meckern. Henry Rollins als selbstverliebter Cop, Wayne Grace als gestresster Polizeiinspektor und viele mehr. Ebenso sehenswert der Kurzauftritt zweier Red Hot Chilli Peppers Bandmitgliedern.
"The Chase - Die Wahnsinnsjagd" ist tolles Unterhaltungskino, das perfekt von seinen Actionszenen, seinen lustigen Momenten und den flotten Dialogen zwischen den beiden Hauptdarstellern lebt. Sheen und Swanson fügen sich optimal in die Rollen des unfreiwillig zusammengewürfelten Paares ein und sorgen für 84 Minuten an lustig-romantischen Momenten. Es sollte mehr Filme wie "The Chase" geben, die sich perfekt dafür eignen, einen öden Abend doch noch zu einem Erlebnis werden zu lassen.