„Es ist eine gottgefällige Tat, wenn man einen Desperado in die Hölle schickt!“
Das Regie-Debüt des Italieners Franco Rossetti ist der 1967 in italienisch-spanischer Koproduktion realisierte Italo-Western „Escondido“ alias „Django – Die im Schlamm verrecken“. Anscheinend blieb es Rossettis einziger Beitrag zum Genre. Das „Django“ im deutschen Titel ist natürlich wieder einmal Etikettenschwindel, wenngleich der Film stark von Sergio Corbuccis Meisterwerk inspiriert worden zu sein scheint:
Steve (Andrea Giordana, „Django – Die Totengräber warten schon“) ist ein gesetzloser Desperado, der Dank der List eines Freundes einmal mehr dem Galgen entkommen konnte. Während seiner Flucht trifft er auf einen sterbenden Soldaten, der ihm von seinem Vater (Piero Lulli, „Mein Name ist Nobody“) erzählt, der in der Geisterstadt Escondido lebt und blind ist, aber zusammengespartes Geld hortet, von dem er sich und seiner Familie eine Ranch kaufen will. Der Soldat bittet Steve, seinen Vater aufzusuchen und ihm zuzureden, dieses Vorhaben endlich in die Tat umzusetzen. Steve jedoch wittert das schnelle Geld und gibt sich dem blinden Sam gegenüber als dessen aus dem Krieg zurückgekehrter Sohn aus. Jedoch hat Steve die Rechnung ohne die Banditen gemacht, die in Escondido auf den Goldtransport der Armee warten…
„Escondido“ ist ein zwar nicht sonderlich origineller, dabei jedoch unheimlich ambitionierter Western aus der B-Riege, der die „Läuterung“ eines kleinen Ganoven, dem andere Menschenleben nichts bedeuten, zum mitfühlenden, einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn entwickelnden Rächer beschreibt. Dabei fährt Rossetti zunächst einmal Achterbahn mit den Empfindungen, die der Zuschauer der Hauptrolle des Gesetzlosen entgegenbringt. Empfindet man zu Beginn Mitgefühl für das Beinahe-Opfer von Lynchjustiz, verkehrt sich dies jedoch bald ins Gegenteil durch das perfide Spiel, das er mit dem alten, blinden Vater des toten Soldaten spielt. Sympathisch wird uns Steve erst wieder, als wesentlich finsterere Buben einige sadistische Grausamkeiten verüben und Steve durch diese Erlebnisse seine Rache – nicht nur für sich persönlich, sondern auch für den blinden Sam und dessen Haushälterin Katy (Rosemary Dexter, „Für ein paar Dollar mehr“), mit der sich ein Techtelmechtel angebahnt hat – wichtiger wird als schnöder Mammon. Zwar wurden die Schießereien weitestgehend unblutig gefilmt, manch letztlich weitaus fiesere Idee, die den deutschen Titel „Die im Schlamm verrecken“ wortwörtlich wie die Kugel ins Herz passen lässt, geht jedoch ziemlich an die Nieren. Ein weiterer Höhepunkt ist ein Duell, bei dem sich die Kontrahenten in gleißender Sonne unmittelbar gegenüberstehen, mit zitternden Händen und voller Todesangst. Der Adrenalinausstoß wird quasi spürbar, die Anspannung überträgt sich auf den Zuschauer – genial! Ferner fanden sehr viele Schlägereien in den Film, während der ernsthafte Ton für eine Massenschlägerei in der Dorfkneipe leider vorübergehend aufgegeben und man stattdessen komödiantisch wird.
Der vor dem Hintergrund des endenden US-Bürgerkriegs der Nord- gegen die Südstaaten spielende Film, der parallel zu Steves persönlicher Entwicklung die wenig patriotischen Nutznießer des Bürgerkriegs thematisiert und zwischen den Zeilen Kritik am vermeintlichen Sinn eines solch blutigen Konflikts erkennen lässt, gewinnt stark an Stimmung durch seine aus dem üblichen Durchschnitt herausragende Tonkulisse bestehend aus einer wunderbar kräftig gesungenen Titelmelodie, atmosphärischer Musik und unheilschwangerem Windgeheul. Wie ein roter Faden durchzieht die Handlung, dass nicht jeder derjenige oder das ist, wer oder was er vorgibt zu sein. Das beginnt bei Steves windigem Kumpel, der mal als Priester, mal als Richter auftritt, um sich den Respekt der einfachen Bevölkerung zu sichern und Steve aus der Bredouille zu helfen, zieht sich über Steve, der sich als Sams Sohn ausgibt, bis hin zu falschen Soldaten. Eine interessante Rolle wird auch der holden Weiblichkeit zuteil: Während Steve mit der verwegenen Gangsterbraut Lucy (Dana Ghia, „Vier Fäuste für ein Halleluja“) bereits in der Vergangenheit etwas laufen hatte und ihr Interesse ungebrochen ist, fühlt er sich nun vielmehr zur bildhübschen, aber zurückhaltenden, unscheinbaren Katy hingezogen. Kaum ein Zweifel wird indes daran gelassen, dass Steve nicht der Mann für eine feste Bindung ist, er ist und bleibt ein rastloser, auf sich allein gestellt seiner Wege ziehender Wolf. Die Gegenüberstellung zwei gänzlich unterschiedlicher Frauentypen ist das Salz in Charaktersuppe bzw. der Pfeffer in der Darstellerriege, die ungewöhnlicherweise mit Andrea Giordana von einem No-Name angeführt wird, der hiermit anscheinend seine erste Hauptrolle bekam. Zwar macht er seine Sache grundsätzlich gut und engagiert, kann jedoch nicht ganz mit den wahren Charakterfressen des Genres mithalten. Und solange Sam noch lebt, droht Piero Lulli ihm bisweilen glatt, die Show zu stehlen.
Ein arg pathetisches Ende besiegelt einen meines Erachtens etwas unterbewerteten Italo-Western aus der zweiten Reihe, der intelligent geschrieben und konstruiert sowie sorgfältig umgesetzt wurde, gehobene Unterhaltung bietet und sich keineswegs lediglich auf die x-te Variation einer genreüblichen Rache-Story beschränkt.
7,5/10 Punkten.